Der Mann mit der Tüte

PTA findet 10.000 Euro zwischen Altmedikamenten

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Berlin -

Fast jeder hat sich wahrscheinlich schon einmal vorgestellt, wie es wäre, unerwartet eine große Geldsumme zu finden. Wenn es dann so weit ist, ist es aber vielleicht gar kein so schönes Gefühl: Das hat PTA Yvonne Obruschnik kürzlich erfahren müssen. Ein Kunde hatte in der Apotheke einen Beutel mit Altmedikamenten abgegeben – und 10.000 Euro.

Die Mitarbeiter der Weser-Apotheke in Emmerthal wussten nicht, dass fast drei Wochen lang ein kleiner Schatz bei ihnen lag: Am Dienstag vergangener Woche warf die PTA einen Blick in eine Plastiktüte mit Altmedikamenten, die ein Kunde abgegeben hatte. „Wir nehmen auf Anfrage Altmedikamente zur Sicherung und sachgerechten Entsorgung entgegen“, erklärt Inhaber Peter Risel. „Wir machen dann eine schnelle optische Sichtung, ob da Spritzen drin sind oder irgendetwas anderes mit Gefahrenpotenzial für die Mitarbeiter.“ Gefahrenpotenzial hatte der Inhalt nicht, dafür Überraschungspotenzial.

Zwischen den abgelaufenen Arzneimitteln lag nämlich ein Bündel Geldscheine, insgesamt 10.000 Euro. Sichtlich aufgeregt kam sie zu ihren Kollegen, um den unerwarteten Fund zu präsentieren, erzählt Risel: „Sie war völlig baff und hat uns mit zitternden Händen gezeigt, was sie gefunden hat. Das war wirklich eine große Überraschung.“ Aber wie soll man mit der umgehen? Sich das Geld einzustecken oder untereinander zu teilen, kam dem Team gar nicht in den Sinn. Wirklich freuen konnte sich aber auch niemand – es war ja nicht klar, was es mit dem Geld auf sich hat.

„Wir wussten ja nicht, ob es sich um Falschgeld handelt oder aus einem Diebstahl oder Raubüberfall stammt“, erinnert sich Risel. Entsprechend gingen sie mit damit um. „Wir haben die Tüte so belassen, um keine möglichen Spuren zu verwischen.“ Einfach den Überbringer zu fragen, gestaltete sich auch als schwierig: Er hatte die Tüte bereits am 5. März abgegeben. Aufgrund des Kundenansturms zu dieser Zeit kam das Team der Weser-Apotheke aber schlicht nicht dazu, sich auch noch um abgegebene Altmedikamente zu kümmern. Entsprechend spärlich waren die Erinnerungen an den Mann mit der Tüte.

Also schalteten Risel und sein Team die Polizei ein. Die kam auch umgehend und nahm die Tüte in Gewahrsam. Die Gesetzeshüter waren sich indes schnell sicher, dass es sich um keine Beute oder sonstige illegale Gelder handelt, sondern um Erspartes. Die Polizei startete einen Aufruf und hatte damit tatsächlich Erfolg. Ein Mann aus Emmerthal meldete sich und konnte auch zweifelsfrei als der Besitzer des Geldes identifiziert werden. Bereits vor einigen Jahren habe er sich von dem Geld ein Auto kaufen wollen, der Handel kam aber nicht zustande. Also versteckte er das Geld in einer Medikamentenpackung – und vergaß es dort. Nach Jahren brachte er die Medikamente zur Entsorgung, und das Geld gleich mit.

„Wir haben uns sehr gefreut, dass die Ehrlichkeit innerhalb einer Woche zum berechtigten Eigentümer geführt hat“, sagt Risel. Die Geschichte hat jedoch nicht nur für den gescheiterten Autokäufer ein Happy End: Der Mann meldete sich nicht nur bei der Apotheke und bedankte sich für die Ehrlichkeit des Teams, der PTA steht auch ein Finderlohn zu, den sie bereits in den kommenden Tagen erhält. „Dadurch, dass wir die Polizei eingeschaltet haben, ist es ja ein offiziell gemeldeter Fund. Das Geld geht an die Mitarbeiterin, ich als Inhaber bin da raus.“

Laut Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) beträgt der vorgeschriebene Finderlohn 5 Prozent des Sachwerts bis zu einem Wert von 500 Euro, also maximal 25 Euro. Über einem Wert von 500 Euro beträgt er jene 25 Euro plus 3 Prozent des Wertes über 500 Euro. Bei einer Summe von 10.000 Euro winkt der PTA also immerhin eine Belohnung von 310 Euro.

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