Apothekenhonorar

Zahlenkrieg um Apotheken

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Berlin -

Das Statistische Bundesamt in Wiesbaden ist der Hort der Zahlen. Wenn man bei Destatis anruft, wird einem in der Warteschleife sogar noch einmal die Telefonnummer durchgesagt, die man soeben gewählt hat. Gute Ansprechpartner, um die Honorarforderungen der Apotheker zu überprüfen, mag man in Bundeswirtschafts- und -gesundheitsministerium gedacht haben. Und so wird seit Monaten gerechnet, angezweifelt und verglichen. Ob hinter den Datenmanövern ein politischer Wille steht, steht in den Sternen.

 

Weil das Misstrauen gegenüber den Apothekern offenbar groß ist, hatten Regierung und Gesundheitspolitiker von der ABDA repräsentative Zahlen zur Einkommenssituation der Apotheker verlangt. Die Apotheker stellten Treuhand-Zahlen zur betriebswirtschaftlichen Lage von rund 650 Apotheken zur Verfügung, die in BMG und BMWi postwendend angezweifelt wurden. Also schickte die ABDA Auswertungen mit kumulierten statistischen Daten von allen Mandanten, die seit 2002 durch die Treuhand betreut wurden – insgesamt mehr als 2500 Betriebe.

Die Tabellen gingen nach Wiesbaden, wo sich die Statistiker so gut es ging einarbeiteten. Anfang Juni kam die Stellungnahme zurück: Weil die Unterlagen der Treuhand „sehr spezifische Daten über Apotheken“ enthielten, müsse man sich „auf methodische Aspekte und allgemein vorliegende Statistiken beschränken“.

Dazu gab es massive Kritik: So wisse man nicht, ob die Zahlen repräsentativ seien, weil man die Zusammensetzung des Mandantenstamms der Treuhand nach Typ, Umsatzgröße und regionaler Verteilung nicht kenne. Aus diesem Grund sei auch die statistische Signifkanz nicht zu beurteilen, zumal keine Angaben zur Verteilung innerhalb und außerhalb des Toleranzbereichs oder zum relativen Standardfehler geliefert worden seien. Auch die Hochrechnung auf einen Bundesdurchschnitt könne man wegen einer fehlenden detaillierten Beschreibung des methodischen Vorgehens nicht nachvollziehen.

 

 

Die Statistiker kritisierten außerdem, dass die gelieferten Durchschnittswerte verzerrt sein könnten; sinnvolle Bezugsgröße zur Ermittlung etwa von Umsatz und Kosten wäre laut Destatis der Durchschnittswert aus derjenigen Gruppe von Apotheken, in die der Median fällt. Bei der Aufteilung des Umsatzes in Rx- und OTC-Produkte fehlten ebenfalls Nachweise über das methodische Vorgehen; auch die Aufteilung der Kosten je zur Häfte nach Umsatz und Absatz wurde hinterfragt.

Stattdessen wurde vorgeschlagen, entsprechende Destatis-Daten auszuwerten. Für die „Jahreserhebung Handel“ sammelt die Behörde unter der Ziffer 4773 auch Informationen zu den Betriebsergebnissen der Apotheken. Wer angeschrieben wird, muss über einen Zeitraum von bis zu zehn Jahren regelmäßig Auskunft geben. Die Daten werden dann hochgerechnet.

Bei aller technischen Brillanz – wobei: Destatis kommt auf 20.134 Apotheken – hat die amtliche Statistik einen Nachteil: Sie hinkt zwei Jahre hinterher. Während die ABDA Ergebnisse von 2002 bis 2011 lieferte, konnte die Behörde bis zuletzt nur mit Informationen aus den Jahren 2005 bis 2009 dienen. Aus diesem Grund wurde in den vergangenen Wochen in Wiesbaden unter Hochdruck gerechnet, um wenigstens noch die Daten für 2010 einbeziehen zu können. In der vergangenen Woche wurden die endgültigen Auswertungen an das BMWi geliefert.

 

 

Auf welche Werte die amtliche Statistik kommt, will man bei Destatis nicht verraten. In ihrer ersten Gegenüberstellung hatten die Statistiker aus Wiesbaden vorgerechnet, dass die Durchschnittsapotheke 2009 einen Umsatz von knapp 1,9 Millionen Euro und ein Betriebsergebnis von 178.000 Euro erwirtschaftete. Die Treuhand war für den gleichen Zeitraum auf 1,7 Millionen Euro und 108.000 Euro gekommen.

Zwischen 2002 und 2011 ist laut ABDA/Treuhand das Betriebsergebnis von 112.000 Euro auf 105.000 Euro gesunken; gleichzeitig sind die Gesamtkosten um 20 Prozent über alle Produktgruppen und um 30 Prozent alleine im Rx-Bereich gestiegen.

Um diesen Effekt auszugleichen, hätten die Apotheken also bei 145.000 Euro landen müssen, das enstpräche einer Anpassung des Fixhonorars um 1,15 Euro je Packung. Macht 40.200 Euro je Apotheke beziehungsweise 854 Millionen Euro insgesamt.

 

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