Protestbrief für Lauterbach

„Wir verplempern Unmassen an Arbeitszeit“

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Berlin -

Der Mailserver des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) scheint angesichts der massenhaft eingeschickten Defektlisten aus Apotheken zumindest zeitweise in die Knie gegangen sein. Auch Leander Knorre aus Jena hat seine Aufstellung geschickt. Die Aussagen von Ressortchef Karl Lauterbach (SPD) zeigen aus seiner Sicht, dass er keine Ahnung habe.

„Hiermit widerspreche ich der Meinung Ihres Gesundheitsministers entschieden, dass sich die Liefersituation bei Arzneimitteln im Laufe seiner Amtszeit in irgendeiner Weise verbessert hat“, schreibt Knorre in seiner Mail ans BMG, die in Kopie auch an die Bild-Zeitung ging. „Dies ist nicht der Fall und offenbart eine vollständige Unkenntnis des Marktes“, so der Inhaber der Rats-Apotheke in Jena.

Zwar sei die aktuelle Lieferfähigkeit, was Fiebersäfte und Schmerzmittel für Kinder angeht, entspannter als noch vor wenigen Monaten. Dafür fehlten Antibiotikasäfte für die kleinen Patient:innen. So seien die Präparate in allen Wirkstoffstärken nicht oder nicht in ausreichender Menge zu bekommen. „Einfaches Penicillin ist weder für Kinder noch für Erwachsene erhältlich“, so der Apotheker. Weiterhin würden Augentropfen zur Glaukombehandlung fehlen, und auch Diabetesmedikamente seien nicht verfügbar.

Seine Defektliste umfasst ausschließlich Arzneimittel, die seine Apotheke im Normalfall vorrätig hätte – schon stolze sieben A4-Seiten.

„Wir verplempern Unmassen an zusätzlicher Arbeitszeit, um für jede Patientin und jeden Patienten die Versorgung und Fortführung der Therapie zu ermöglichen. Als Dank dafür wirft uns Ihr Gesundheitsminister Panikmache vor, belegt uns mit einem höheren Zwangsrabatt an die Krankenkassen, lehnt alle Gesprächsangebote der Apothekervertretung ab und hält jeglichen Inflationsausgleich für unnötig.“

Lauterbachs Maßnahmen wie Vorratshaltung, Import und Rezepturherstellung seien „Augenwischerei“. „Apotheken und Großhandel sind per Gesetz sowieso zur Vorratshaltung verpflichtet, aber wenn es nichts gibt, kann man sich auch keinen Vorrat hinlegen.“ Außerdem sei der Import aus anderen Ländern häufig nicht möglich, da auch dort Lieferschwierigkeiten bestünden.

Weiterhin blieben Arzneimittelsicherheit und Wirtschaftlichkeit auf der Strecke. Knorre nennt als aktuelles Beispiel den ursprünglich für die USA gedachten Antibiotikasaft: „Er hat keinen vollständigen Beipackzettel und keine Dosierhilfe, kostet aber mehr als das Dreifache.“ Weiterhin könne die Eigenherstellung in Apotheken keinesfalls die Vielzahl an Lieferdefekten auffangen. „Dafür fehlen uns die Fachkräfte und Tausende Apotheken, die aufgrund der fehlenden Honoraranpassung in den letzten Jahren schließen mussten.“

Es sei höchste Zeit, dass Lauterbach „auf Polemik und Aktionismus verzichtet und die tatsächlichen Probleme angeht!“

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