Grippeimpfstoffe

Kassen drohen Schadenersatzklagen

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Berlin -

Kann ein Pharmakonzern nicht liefern, dürfen die Krankenkassen keine Ersatzvereinbarungen treffen – stattdessen muss das Medikament neu ausgeschrieben werden. Die Erste Vergabekammer des Bundes hat eine entsprechende Vereinbarung zwischen der AOK Nordwest und Novartis für unwirksam erklärt. Der Krankenkasse könnten nun Schadensersatzforderungen des Konzerns GlaxoSmithKline (GSK) drohen.

Im Herbst hatten in Bayern, Hamburg und Schleswig-Holstein Lieferprobleme zu Engpässen bei Grippeimpfstoffen geführt: Im September hatte Novartis darüber informiert, dass Begripal erst ab November ausgeliefert werden könne. Daraufhin hatte die AOK eine Ergänzungsvereinbarung mit dem Konzern getroffen: Novartis rabattierte auch Optaflu und Fluad.

GSK hatte bei der Vergabekammer den Rabattvertrag und die Ergänzungsvereinbarung prüfen lassen. Die Kammer stellte in ihrem Beschluss fest, dass die Regelungen der Ergänzungsvereinbarung wesentliche Vertragsänderungen darstellten: Während das Zulassungsalter in der ursprünglichen Ausschreibung beim vollendeten sechsten Lebensjahr lag, wurden am Ende Impfstoffe ausgeliefert, die ab dem 18. (Optaflu) oder 65. Lebensjahr (Fluad) zugelassen sind.

Hätte die Kassen diese Vorgaben in dem Vergabeverfahren nicht aufgestellt, wäre ein ganz anderes Bieterspektrum zu erwarten gewesen, argumentiert die Vergabekammer.

Die Kassen seien nicht an den Ausschreibungsgewinner gebunden, wenn dieser nicht liefern könne: Die Exklusivitätsregelung entfalte keine Sperrwirkung, erklärte die Vergabekammer. Andernfalls würde das grundsätzliche Ziel der Kassen, die Gesundheit der Versicherten zu erhalten, konterkariert.

Auch das Argument der Kasse, ein neues Vergabeverfahren hätte länger gedauert als die Lieferprobleme angehalten hätten, ließ die Vergabekammer nicht gelten: Trotz Dringlichkeit dürften Verhandlungen nicht nur mit einem von mehreren interessierten Bietern geführt werden. Eine Angebotsanfrage hätte bei den wenigen übrigen Bietern auch kaum Zeitverlust bedeutet, heißt es in der Begründung. Immerhin seien die Unternehmen mit den Ausschreibungsbedingungen bereits vertraut gewesen.

Mit dem Beschluss der Vergabekammer, dass die Ergänzungsvereinbarung unwirksam ist, kann GSK nun Schadensersatzforderungen geltend machen. Bislang liegen laut AOK keine Forderungen vor.

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