Kommentar

Die Taktik der Kettenkassen

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Berlin -

Es ist Bundestagswahl und die Kassen wollen mal wieder Apothekenketten: Mit schöner Regelmäßigkeit fordert der GKV-Spitzenverband die Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbots. Überraschend ist daran nur noch, warum die Kassen blind und ohne Argumente an einen Strukturwandel glauben.

Die gelieferte Begründung der Kassen ist so schlicht wie eh und je: Die derzeitigen Strukturen seien „markt- und wettbewerbswidrig“. Punkt. Warum größere Strukturen mit größeren Playern eine Verbesserung für die Versicherten in den Fokus ihres Handels stellen sollten – diese Frage scheint sich beim GKV-Spitzenverband niemand zu stellen. Dabei sind die Erfahrungen, die andere Länder mit einer kapitalgesteuerten Liberalisierung gemacht haben, abschreckend genug.

Vielleicht interessieren sich die Kassen aber auch gar nicht für Apothekenketten, sondern wollen diese Drohung nur der Politik an die Hand geben: Wenn die ABDA sich wieder in Abwehrschlachten gegen Lauterbach, Trittin und andere Investoren aufreibt, kann sie sich nicht um eine Dynamisierung des Honorars kümmern. Die Kassen schauen zu, sparen und lachen.

Dummerweise scheint die Strategie aufzugehen: Auch wenn sich zumindest Union und FDP davon nicht bezirzen lassen – das Fremdbesitzverbot wurde auch von Bahr schon als besonderes Geschenk an die Apotheker verkauft. Er könnte sich auch einfach dazu bekennen, dass inhabergeführte Apotheken die bessere Option sind. Lauterbach ist sogar so weit, den Apothekern die derzeitige Struktur öffentlich als Deal anzubieten, der schon gehörig nach Erpressung klingt.

In die gleiche Kerbe schlägt die Forderung des GKV-Spitzenverbands, Versandapotheken zu stärken. Was haben die Kassen damit zu tun, solange es Festpreise gibt? Vermeintlich mangelnder Wettbewerb im OTC-Markt darf die Verbraucherschützer auf die Palme bringen, nicht aber die Rx-Kostenträger. Leider erklärt der GKV-Spitzenverband auch nicht, wo genau er die Vorteile in der Versorgung sieht.

Genau deshalb liest sich das Apothekenkapitel auf dem Wunschzettel der Kassen auch wie eine gezielte Provokation der ABDA. Sogar gegen ein Pick-up-Verbot wettern die Kassen, obwohl diese „Gefahr“ nun wirklich nicht mehr allzu akut ist.

Aber mit all diesen kleinen Feuerchen, die die Kassen im Apothekenlager legen, lenken sie von einer Honorardebatte ab. Sollte die doch noch aufkommen, wünschen sich die Kassen prophylaktisch noch eine Deckelung der prozentualen Apothekenmarge. Es ist gut zu wissen, wo man Freunde hat.

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