Thüringen

Kammer: Verblisterung hat keine Vorteile

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Berlin -

Thüringens Apotheker sehen die industrielle Verblisterung von Arzneimitteln kritisch: In der vergangenen Woche stimmte die Delegiertenversammlung der Apothekerkammer einem Positionspapier zu, das zuvor von Vorstand und Verband gemeinsam erarbeitet worden war. In Einzelfällen könne ein bedarfsgerechtes Zusammenstellen von Medikamenten zwar sinnvoll sein. „Eine undifferenzierte, massenhafte industrielle Verblisterung kann aber keine zusätzlichen Vorteile generieren“, heißt es bei der Kammer.

 

Im vergangenen Jahr hatten Kammer und Verband begonnen, die von den Befürwortern angeführten Vorteile der Verblisterung kritisch zu untersuchen. Die dafür gegründete Arbeitsgruppe kam unter anderem zu dem Ergebnis, dass die maschinelle Zweitverblisterung die Adhärenz der Patienten nicht verbessere.

Bei vergesslichen Patienten mit Polymedikation sei es zwar grundsätzlich denkbar, dass individuell angefertigte Packungen die Adhärenz verbesserten. Für die Therapietreue sei es aber „völlig unerheblich“, ob das Medikament aus einer Originalverpackung oder einem Blister entnommen werde. Entscheidend sei vielmehr der direkte Kontakt zu pharmazeutisch geschultem Personal.

Auch das Argument der Arzneimittelsicherheit sticht aus Sicht der Apotheker nicht: Schließlich liefen auf EU-Ebene derzeit Bemühungen, die Arzneimittelauthentifizierung zu verbessern: „Eine industrielle Verblisterung über ein externes Blisterzentrum würde potenzielle Arzneimittelfälschungen eher erleichtern“, so das Fazit.

 

 

Auch Fehler, die beim manuellen Stellen der Medikamente durch Pfleger entstehen könnten, ließen sich durch die Verblisterung nicht vermeiden: Schließlich müssten gerade die beiden fehlerintensivsten Arbeitsschritte – das Teilen und kurzfristige Änderung der Medikation – trotzdem durchgeführt werden. Aufgrund der aufwendigen Koordination und des Datenaustauschs zwischen Heim, Apotheke und Blisterzentrum profitierten die Heime auch nicht durch eine Zeitersparnis.

Außerdem macht man sich in Thüringen Sorgen um den Datenschutz: So unterlägen gewerbliche und „apothekerfremde“ Unternehmen, wie Blisterzentren, keiner besonderen gesetzlichen Pflicht zur Verschwiegenheit. Der Pharmazeut als Heilberufler allerdings schon.

Im vergangenen Jahr hatte bereits die Apothekerkammer Brandenburg mit einem ähnlichen Statement Aufsehen erregt: Gemeinsam mit der Ärztekammer warnten die Apotheker insbesondere vor ungeklärten Haftungsfragen, die sich durch die Zweitverblisterung ergeben. Der Bundesverband Patientenindividueller Arzneimittelverblisterer (BPAV) hatte von der Kammer daraufhin eine Unterlassungserklärung gefordert.

Trotzdem haben die Thüringer Apotheker dem Positionspapier bei der Versammlung mit großer Mehrheit zugestimmt. Das Thema werde nun einmal diskutiert, eine Positionierung der Kammer sei daher konsequent, heißt es in dem Papier.

 

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