Gesundheitspolitik

„Apotheker müssen Heilberuf ernst nehmen“

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Berlin -

Die gesundheitspolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen, Maria Klein-Schmeink, hat ein Apothekenpraktikum absolviert. Sie besuchte gestern beide Apotheken von Gabriele Overwiening, Präsidentin der Apothekerkammer Westfalen-Lippe.

„Der Tag hat mir noch einmal deutlich gemacht, dass die Apotheke vor Ort ein wichtiger Faktor für die Versorgung ist“, so Klein-Schmeink. „Dazu brauchen wir Apotheker und Apothekerinnen, die ihren Auftrag als Heilberuf und die individuelle Beratung sehr ernst nehmen.“

In der Apotheke am Bahnhof in Reken rührte Klein-Schmeink mit Hilfe von Overwiening zunächst eine Salbe an, dann wurden Vitamin-C-Kapseln hergestellt. Anschließend erklärte Overwiening der Politikerin die Plausibilitätsprüfung.

Als es an des Messen von Blutzucker und Blutdruck sowie um Erklärungen zum Thema Arzneimittelfestbeträge ging, war Klein-Schmeink ganz Kundin. Sie lobte die Einrichtung der Apotheke: „Toll, wie schon die Ausstattung der Apotheke den Aspekt der Beratung herausstellt. Nischen machen ein vertrauliches Gespräch möglich.“

Die Apothekerin und die Politikerin waren sich in einer Sache schnell einig: Permanent ändernde Zuzahlungen führten zu Irritationen bei den Patienten. „Wir Apothekerinnen und Apotheker müssen es den Patienten erklären, die ihren Unmut zuerst bei uns abladen. Und uns bleibt damit noch weniger Zeit für die eigentlichen pharmazeutischen Aufgaben“, sagte Overwiening.

Overwiening zeigte Klein-Schmeink an Beispielen aus der Praxis, wie durch die Intervention des Apothekers die Arzneimittelsicherheit gesteigert werde, etwa indem Doppelverordnungen oder unerwünschte Nebenwirkungen aufgedeckt würden. „Jeder kann sich leicht ausrechnen, wie teuer es ist, wenn als Folge einer unerwünschten Interaktion oder einer Arzneimittelunverträglichkeit eine stationäre Behandlung erforderlich wird“, so die Kammerpräsidentin.

AMTS müsse und werde sich als zentrale Aufgabe für alle Apotheken entwickeln, ist Overwiening überzeugt. Es könne nicht sein, dass sich auf diesem Feld beispielsweise externe Berater profilierten und so dem Gesundheitssystem unverzichtbare Ressourcen entzögen.

Overwiening und Klein-Schmeink diskutieren während des ganztägigen Apothekenpraktikums auch die Haltung der Grünen zum Fremd- und Mehrbesitzverbot, Strategien für das Gesundheitssystem und die Verschreibungspflicht für die Pille danach. „Die Argumentation der Bundesregierung, ohne Rezeptpflicht sei eine ausreichende Beratung der Frauen nicht gewährleistet, ist angesichts der hohen Qualifikation von Apothekerinnen und Apotheker nicht nachvollziehbar“, sagte Klein-Schmeink.

Da „Verhütungspannen“ meist am Wochenende passierten, seien unnötige und riskante Wartezeiten in Deutschland heute leider Realität. Zahlen der Hersteller zeigten, dass die Pille danach in über der Hälfte der Fälle erst am Montag oder Dienstag verschrieben werde, so Klein-Schmeink. „Es kann also heute keineswegs von einer flächendeckenden und funktionierenden ärztlichen Notdienstversorgung für diese Fälle gesprochen werden.“

Nach einer Mittagspause ging es weiter in die Apotheke am Benediktushof im kleinen Ortsteil Maria Veen, der rund 2200 Einwohner zählt. Dort verdeutliche Overwiening der Bundestagsabgeordneten den besonderen Wert der wohnortnahen Versorgung durch Apotheken: „Auch beziehungsweise gerade wenn in kleinen Städten oder Stadtteilen Teile der übrigen Gesundheitsversorgung wegbrechen, ist es wichtig, dass die Vor-Ort-Versorgung durch die Apotheke gesichert bleibt.“

Klein-Schmink fiel vor allem die Barrierefreiheit auf: „Durch die Nähe zum Benediktshof gibt es viele Kunden mit Behinderung, die von daher einen besonderen Versorgungsbedarf haben. Allein schon der geräumige, barrierefreie Innenraum zeigt, dass hier patientenorientiert beraten und versorgt wird.“

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