Trotz Gewerbeverbot betrieben

Gericht verbietet Strohmann-Teststellen

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Berlin -

Die nunmehr abgeschafften kostenlosen Bürgertests für alle haben im Verlauf des Jahres einige Glücksritter angelockt – einzelne Fälle von Abrechnungsbetrug wurden bekannt. Der Gesetzgeber hat reagiert und die Kontrollmöglichkeiten verschärft. Unter anderem mussten auch externe Teststellen eigens beauftragt werden. Nachdem das Gesundheitsamt die Erlaubnis zurückgenommen hatte, klagte die Betreiberin. Doch das Verwaltungsgericht München erkannte ein Strohmann-Konzept – die Teststelle bleibt geschlossen.

Bis zum Juli wurden die vier Teststellen im Auftrag einer Apotheke betrieben. Doch nach der Änderung der Testverordnung musste jeder private Leistungserbringer für jede Teststation einen Antrag beim Gesundheitsamt einreichen. Dieses untersagte der Apothekerin den weiteren Betrieb von externen Teststationen. Fünf Kontrollbesuche der Behörde in den kommenden zwei Wochen ergaben aber, dass die Corona-Teststationen weiter betrieben wurden.

Die von der Apotheke beauftragte Firma beantragten dann selbst den Betrieb der Teststationen, was das Gesundheitsamt aber ablehnte. Per Bescheid erfolgte die Aufforderung, der Betrieb sei sofort einzustellen. Insbesondere dürften Testzertifikate nicht ausgestellt und der Beschaffungsaufwand und die Leistungserbringung der Tests nicht bei der Kassenärztlichen Vereinigung abgerechnet werden. Das Gesundheitsamt drohte anderenfalls Zwangsgelder in Höhe von 5000 Euro an.

Das Gesundheitsamt stufte die Beteiligten nicht als zuverlässig ein. Die angebliche Betreiberin sei die „Strohfrau“ ihres Schwagers, der auch gegenüber der Behörde stets als Hauptverantwortlicher für die Teststationen aufgetreten sei. Gegen ihn wurde aber schon 2018 eine erweiterte Gewerbeuntersagung ausgesprochen, Hintergrund sind „erhebliche Steuerrückstände und nicht unerhebliche Eintragungen im Führungszeugnis“. Trotzdem sei er sogar gegenüber dem Gesundheitsamt als Händler von medizinischen Produkten aufgetreten, während seine Schwägerin in vollkommen anderen Bereichen geschäftlich tätig sei.

Zur Unzuverlässigkeit rechnet die Behörde auch, dass die Teststationen seit Wochen ohne entsprechende Genehmigungen und entgegen einer anderslautenden Anordnung betrieben worden seien. Da die Voraussetzungen für eine Beauftragung nicht vorlägen und überdies derzeit auch kein Bedarf an weiteren Teststationen bestehe, wurde der Antrag abgelehnt.

Dagegen klagten die Betreiber: Nur die Schwägerin habe den Antrag bei der Behörde gestellt. Zudem könne sie Bescheinigungen zu den Teststationen vorlegen, wonach das eingesetzte Personal fachmännisch eingewiesen worden sei und ein Hygienekonzept bestehe. Örtliche Kliniken und Gewerbetreibenden könnten bestätigen, dass für deren Betrieb die Teststationen Bedarf bestehe. Sie selbst sei gewerberechtlich unbescholten, ihr Schwager ein einfacher, weisungsgebundener Angestellter ihrer Firma. Ein „Strohmann-Verhältnis“ liege nicht vor. Und die Tatsache, dass in der Vergangenheit durch einzelne unzuverlässige Anbieter falsche Abrechnungen in Teststationen erstellt worden seien, könne nicht zu ihren Lasten gehen.

Das Gericht glaubte das alles nicht so recht. So hatten schon die beiden Antragsteller nicht auf die gerichtliche Anfrage geantwortet, welche Rechtspersönlichkeit jeweils hinter den Firmen stehe. Doch selbst, wenn man davon ausgehe, dass es nur die Schwägerin sei, die den Betrieb der Teststellen beantragt habe, wurde aus Sicht des VG die Erlaubnis zu Recht nicht erteilt. In Strohmann-Fällen sei nämlich sowohl der Strohmann als auch der hinter diesem Stehende unzuverlässig. Ein solches Verhältnis sei anzunehmen, wenn ein Gewerbetreibender zur Verschleierung der wirklichen Machtverhältnisse eine andere Person vorschiebt, die ohne eigene unternehmerische Tätigkeit nur als Marionette des Gewerbetreibenden am Wirtschaftsleben teilnimmt. „Die gesamten Umstände des Falles sprechen für ein Strohfrauverhältnis“, urteilte das Gericht.

Während ihre geschäftliche Tätigkeit sich wesentlich von dem des Betriebs von Corona-Teststationen unterscheide, sei ihr Schwager bereits als Händler von medizinischen Produkten aufgetreten. Es sei also anzunehmen, dass dieser, weil er sich selbst gewerblich nicht betätigen darf, für den Betrieb von Corona-Teststationen seine Schwägerin vorschiebt, die unter verschiedenen Firmennamen die Teststationen betreiben soll. Und während des tatsächlichen Betriebs der Teststationen sei er gegenüber der Behörde und auch gegenüber der beauftragenden Apotheke stets als Ansprechpartner aufgetreten.

Eine aufschiebende Wirkung des Betriebsverbots haben die Klagen laut Gericht auch nicht, weil dieses nach summarischen Prüfung rechtmäßig sei. Die Anfechtungsklage hätten in der Hauptsache voraussichtlich ebenfalls keinen Erfolg.

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