FDP-Chef

Lindner über Apotheker und Wölfe

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Berlin -

Die FDP und die Apotheker stecken spätestens seit dem Parteitag der Liberalen im April in der Beziehungskrise. Parteichef Christian Lindner wirkt regelrecht ein bisschen genervt von den Apothekern. In einem Interview mit der Berliner Zeitung wurde er jetzt auf die erkaltete Liebe angesprochen. Lindner bekennt sich zum Rx-Versand und beteuert, dass die neue FDP die Apotheker als Wählergruppe notfalls zu den Linken ziehen lässt. Wer sich für die Jagd interessiert, kann außerdem ein ausschweifendes Interview mit dem Parteichef in der Fachzeitung „Wild & Hund“ nachlesen.

Die Berliner Zeitung hatte die APOSCOPE-Wahlumfrage zitiert und auch Lindner im Interview damit konfrontiert, „dass die Apotheker Sie nicht mehr mögen“. Der FDP-Chef sagt dazu: „Wir fühlen uns den Bürgern, Kunden und Steuerzahlern verpflichtet. Deshalb werden wir den Menschen nicht vorschreiben, ob sie Medikamente online bestellen oder aus der Apotheke um die Ecke holen. Manche Apotheker wählen wegen dieses einen Punkts und trotz unseres mittelstandsfreundlichen Programms dann lieber die Linkspartei, die ihnen die Steuern erhöhen will. Da kann ich nichts machen.“ Das geht Lindner zufolge auch anderen Berufsgruppen so. „Als Liberaler fordern wir faire Regeln und setzen uns bewusst zwischen alle Stühle“, so sein Credo.

Sollten die Liberalen den Wiedereinzug ins Parlament schaffen und Option auf einen Platz am Kabinettstisch haben, will Lindner aus den Fehlern der Vergangenheit lernen. 2009 hätte sich seine Partei sehr auf das Thema Steuern beschränkt, in der Koalition mit der Union dann aber nicht das Finanzministerium besetzt.

An einer neuen Regierung will sich Lindner nur beteiligen, wenn eine liberale Handschrift erkennbar ist. Die Zeit in der außerparlamentarischen Opposition bezeichnet er als „rauen, unfreiwilligen Bildungsurlaub“. Der gehe es jetzt nicht in erster Linie um eine Regierungsbeteiligung, sondern um die eigenen Überzeugungen. „Die FDP kehrt als andere Partei zurück. Gelassener im Auftritt, aber klarer in der Sache“, sagte er der Berliner Zeitung.

Lindner bezeichnet seinen Politikstil im Interview zwar grundsätzlich als kompromissbereit. Aber es gebe unverrückbare Positionen, Lindner verweist auf Trendwenden, die er erreichen will: Steuersenkungen, mehr Polizisten statt mehr Überwachung, Flexibilität statt Bürokratie und keine Umverteilung beim Euro, sondern mehr finanzielle Eigenverantwortung und Reformen. „Wir werden vor der Wahl die für unser Land wesentlichen zehn Trendwenden auf einem Parteitag beschließen und konkretisieren“, so Lindner. Ob die Liberalisierung des Apothekenmarktes auch zu den Kernthemen der FDP gehört, bleibt abzuwarten. Wahrscheinlich ist es nicht.

Die Jagdpolitik ist jedenfalls „ein wichtiges Politikfeld“, sagt Lindner. Allerdings in diesem Fall befragt von der „Wild & Hund“. Da der FDP-Chef gerade selbst einen Jagdschein macht, gibt es viel zu besprechen. Zum Beispiel, dass er früher mal Bauer werden wollte, weil er schwere Traktoren toll fand. Um Apotheken ging es verständlicherweise nie, aber Lindner lässt ein bisschen blicken, wie er so tickt.

Da er wird er zum Beispiel romantisch, wenn es um das Thema Ansitzjagd geht: „Das hat etwas. Der Wald ist ja ein ganz eigener Organismus, gerade in der Dämmerung, wenn man erkennt, das ist eine ganz eigene, von unserer Alltagswelt abgeschlossene Schöpfung. Sie zu beobachten, das sich verändernde Licht und die Geräusche, das hat eine gewisse Romantik.“ Und dann: „In der Vorausschau auf den Jagdschein würde ich jetzt dennoch die Drückjagd sagen. Aber man wird ja auch älter, vielleicht kommt dann das andere stärker zum Tragen.

Lindner weiß natürlich, dass die Jagd nicht nur Fans hat. Gerade als Chef der „Partei der Freiheit“ wäre es aus seiner Sicht aber verrückt, die eigene Freiheit zugunsten der politischen Korrektheit aufzugeben. „Ich bekenne mich offen dazu, dass ich Auto fahre, dass ich einen alten Porsche als Leidenschaft habe, dass ich gelegentlich gerne eine Zigarre rauche und dass ich den Jagdschein mache.“

Und der FDP-Mann ist schon tief im Thema: Er spricht über „die Regulierung invasiver räuberischer Arten, wie Waschbär oder Mink“. Der Wolf sollte wie der Luchs einstweilen ohne Zuweisung einer Jagdzeit dem Bundesjagdgesetz unterstellt werden, fordert Lindner. Damit wäre ein engmaschiges Monitoring sowie rechtssichere Hegeabschüsse von verhaltensauffälligen Problemtieren möglich.

Doch der Mann der Jäger auf der Regierungsbank will Lindner nicht werden – jedenfalls nicht im Kabinett. „Ich bin ja auch leidenschaftlicher Autofahrer und will nicht Verkehrsminister werden.“ Die FDP müsse Ressorts verantworten, die zu den eigenen Schwerpunktthemen passten. „Generell gilt: Ich gehe gerne in der Opposition die Regierung jagen, oder ich will, wenn wir in der Regierung sind, die politische Drückjagd auf die Probleme des Landes vorantreiben.“ Und die Apotheker sind offenbar irgendwie in die Schusslinie der FDP geraten.

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