Abrechnungsbetrug

Apotheker rechnet für Verstorbenen ab

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Berlin -

Die Kaufmännische Krankenkasse (KKH) veröffentlichte ihren jährlichen Bericht zum Betrug im Gesundheitswesen. Neben Krankengymnasten- und Physiotherapiepraxen, Zahnärzt:innen und Pflegeheimen war man auch Apotheken wieder auf der Spur.

Erneut läuft gegen einen Apotheker ein Ermittlungsverfahren, weil in seiner Apotheke Zytostatika falsch beziehungsweise zum Teil deutlich unterdosiert wurden, so eine KKH-Sprecherin.

In einem anderen Fall habe ein Apotheker ein Arzneimittel für einen bereits verstorbenen Versicherten abgerechnet. Der Schaden betrage knapp 7000 Euro, gegen ihn laufe aktuell ebenfalls ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren, so die Sprecherin weiter.

Eine weitere Apotheke sei durch Manipulationen der Ausstellungs- und Abgabedaten auf den eingereichten Verordnungen aufgefallen, heißt es. Die Staatsanwaltschaft sei hierüber unterrichtet worden.

Große Versuchung für schwarze Schafe

Das Gesundheitswesen sei anfällig für Manipulation und Korruption, vor allem wegen der hohen Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung – von rund 289 Milliarden Euro allein im vergangenen Jahr. „Da scheint die Versuchung für die – wenn auch wenigen – schwarzen Schafe im Gesundheitswesen groß, sich unrechtmäßig hohe Summen abzuzweigen“, sagte KKH-Chefermittlerin Dina Michels. Das geschehe mit gefälschten Rezepten, nicht erbrachten Vorsorgeuntersuchungen, gepanschten Arzneimitteln oder auch unqualifizierten Beschäftigten.

100.000 Euro durch Arzneimittel

Michels nannte die Betrügereien skrupellos, denn: „Zum einen fehlen die gesetzwidrig erschlichenen Gelder dem solidarischen Sozialsystem, beispielsweise für die Versorgung kranker Menschen. Zum anderen, und das wiegt noch schwerer, werden die Gesundheit und mitunter sogar das Leben von Versicherten aufs Spiel gesetzt, wenn zum Beispiel Pseudo-Pflegepersonal Ernährungssonden und Dauerkatheter setzt oder Insulin-Injektionen verabreicht.“ Nach Angaben des Statistischen Bundesamts stiegen die gesamten Ausgaben im Gesundheitssektor im vergangenen Jahr geschätzt auf 498 Milliarden Euro – nach 466 Milliarden Euro ein Jahr zuvor.

2022 verursachten laut KKH Krankengymnasten- und Physiotherapiepraxen mit 428.800 Euro die höchste Schadenssumme bei der Krankenversicherung, gefolgt von Zahnärztinnen und Zahnärzten mit 122.900 Euro und Pflegeheimen mit 116.880 Euro sowie Arzneimitteln mit 113.550 Euro. Ein Jahr zuvor war der KHH ein Schaden von 4,7 Millionen Euro durch Abrechnungsbetrug entstanden – so viel wie in keinem Jahr zuvor. 2020 hatte der Gesamtschaden bei dieser Kasse bei knapp 500.000 Euro und 2019 bei fast 1 Million Euro gelegen.

Allerdings holte die Krankenkasse 2022 aus vergangenen Betrugsfällen auch mehr als 1,2 Millionen Euro zurück – damit wurde erstmals die Millionengrenze übertroffen. Die KKH gehört mit mehr als 1,6 Millionen Versicherten bundesweit zu den größten Krankenkassen.

468 Hinweise auf Abrechnungsbetrug

Außerdem gab es im vergangenen Jahr bei der KKH 468 neue Hinweise auf Abrechnungsbetrug – und damit 100 mehr als noch 2021. Wie hoch der finanzielle Schaden sei, der sich aus diesen Hinweisen ergebe, müsse noch ermittelt werden, teilte die Krankenversicherung mit. Fest stehe aber, dass Pflegedienste mit 139 Fällen erneut den „traurigen Platz 1“ belegten. Eine Verdoppelung gab es bei Krankengymnastik- und Physiotherapiepraxen – sie landeten mit 101 Fällen auf dem zweiten Rang, gefolgt von Pflegeheimen mit 77 Hinweisen. Zu Apotheken gab es 26 Tipps, Platz 4.

Die meisten Hinweise gab es in Nordrhein-Westfalen mit 137, gefolgt von Bayern (99), Niedersachsen (38) und Baden-Württemberg (33). Entsprechende Schwerpunkt-Staatsanwaltschaften gebe es inzwischen in zwölf Bundesländern, sagte Michels: „Nur so kann ein engmaschiges Profi-Netzwerk geknüpft werden, das es Tätern erschwert, Schlupflöcher für ihre illegalen Machenschaften zu finden.“

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