Schutzeffekt in Phase-III

Grippeimpfstoff: Tabakpflanze statt Hühnerei

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Berlin -

Bislang werden die meisten Grippeimpfstoffe noch immer in embryonierten Hühnereiern hergestellt. Aufgrund von Kapazitätsgrenzen und Allergien wird jedoch nach Alternativen gesucht. Die Herstellung einer Vakzine in Tabakpflanzen zeigt vielversprechende Ergebnisse und könnte schon bald eine solche Alternative darstellen.

Für die Herstellung von Impfstoffen per Hühnerei werden infektiologisch kontrollierte Hühnerbestände benötigt. Die Eier müssen zunächst befruchtet werden, damit sie anschließend unter sterilen Bedingungen beimpft werden können. Der Prozess ist relativ aufwendig, außerdem sind die Kapazitäten begrenzt. Bei der Aufbereitung der Impfstoffe können zudem potenzielle Allergene aus dem Hühnereiweiß zurückbleiben und für allergische Reaktionen sorgen. Auch ethische Aspekte rücken zunehmend in den Fokus.

Tabakpflanzen als Brutstätte

Die Forschung sucht daher nach wirksamen Alternativen für die Herstellung von Grippeimpfstoffen. Daten einer Phase-III-Studie belegen nun eine protektive Wirkung für eine rekombinante, quadrivalente Vakzine, deren Proteine in Tabakpflanzen erzeugt werden. Forscher des McGill University Health Centre in Kanada führten die Studie unter anderem auch in den USA und Europa durch. Die Ergebnisse wurden im Fachjournal „The Lancet“ publiziert.

Für die Herstellung der Vakzine wurde die australische Tabakpflanze Nicotiana benthamiana verwendet. Der Impfstoff enthält rekombinant hergestellte Hämagglutininproteine des Influenzavirus. Diese lagern sich spontan zu virusähnlichen Partikeln zusammen, den sogenannten „quadrivalent virus-like particles“ (QVLP), welche frei von viraler RNA sind.

Die erste Studie umfasste mehr als 10.000 Testpersonen im Alter von 18 bis 64 Jahren, die in zwei Altersgruppen – 18 bis 49 Jahre und 50 bis 64 Jahre – unterteilt wurden. An einer zweiten Studie nahmen knapp 13.000 Personen ab 65 Jahren teil. Auch hier fand eine Aufteilung in zwei Altersgruppen – 65 bis 74 Jahre und ab 75 Jahre – statt.

Wirkung mit bisherigen Vakzinen vergleichbar

Bei der ersten Studie mit jüngeren Probanden wurden Injektionen der QVLP-Vakzine oder Placebo appliziert, in der zweiten Studie mit ausschließlich älteren Probanden wurde der potenzielle Impfstoff mit einer zugelassenen Influenza-Vakzine verglichen. Die Studie mit den jüngeren Teilnehmern zeigte eine immunogene Wirkung des Impfstoffs – der Schutzeffekt betrug rund 35 Prozent, erreichte damit den primären Endpunkt von 70 Prozent jedoch nicht. Dennoch sei die protektive Wirkung vergleichbar mit der anderer Grippeimpfstoffe.

In der Studie mit ausschließlich älteren Probanden wurde der Endpunkt erreicht: Es konnte eine Nicht-Unterlegenheit gegenüber einem zugelassenen Grippeimpfstoff gezeigt werden. Unerwünschte Nebenwirkungen waren mit 0,1 bis unter 4,5 Prozent selten. Die Autoren der Studie sehen damit Machbarkeit, Immunogenität und Sicherheit der Vakzine als belegt.

Seqirus hat mit Flucelvax Tetra bereits eine Grippe-Vakzine auf dem Markt, die nicht in bebrüteten Hühnereiern, sondern mittels Säugetierzellen produziert wird. Für die Herstellung wird die MDCK-Zelllinie (Madin-Darby Canine Kidney) genutzt. Dadurch soll eine bessere Übereinstimmung mit den zirkulierenden Viren entstehen und der Impfschutz verbessert werden. Die Vakzine bietet eine aktive Immunisierung gegen Influenzaviren durch eine Induktion humoraler Antikörper gegen die Hämagglutinine.

 

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