Virologie

Forscher entdecken hunderte neue Viren

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Berlin -

Manche vorkommenden Viren sind schon lange bekannt und gut erforscht. Es werden aber auch immer wieder neuartige Viren entdeckt: Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung an der Berliner Charité haben Proben von gut 1200 Insektenarten untersucht und konnten hunderte neue Viren entdecken.

Viele neuentdeckte Viren stammen von Tieren: Bekannte Beispiele sind das Zika-Virus aus Mücken und auch die Vogelgrippe. Damit neu auftretende Viruserkrankungen schnell erkannt werden und mögliche Epidemien verhindert werden können, wird vielseitig geforscht. Die Wissenschaftler der Charité in Berlin suchen dazu gezielt nach neuen Viren im Tierreich. Aktuell konnten sie in Insekten hunderte neuer Viren ermitteln. „Jedes neue Virus, das wir finden, könnte eine bisher unerkannte Ursache von Erkrankungen sein, sowohl beim Menschen als auch bei Nutztieren“, erklärt Professor Dr. Christian Drosten, Direktor des Instituts für Virologie am Campus Charité Mitte.

Für die aktuelle Studie verwendeten die Forscher diegrößte internationale Transkriptom-Datenbank: Sie untersuchten die darin enthaltenen Datensätze auf verschiedene Virusgenome. Bisher liegt der Fokus der Wissenschaft vor allem auf blutsaugenden Insekten wie Moskitos – die aktuelle Studie berücksichtigt jedoch alle Insekten-Ordnungen. Untersucht wurden unter anderem Viren mit sogenannter negativer einzelsträngiger Ribonukleinsäure (RNA). Denn in dieser Gruppe gibt es zahlreiche krankheitsverursachende Viren – darunter Ebola, Masern und Tollwut. „Je mehr Viren wir kennen und in unserer Datenbank speichern, umso leichter können wir die Ursache von neu auftretenden ungewöhnlichen Erkrankungen erkennen“, ist Drosten überzeugt.

Untersucht wurden insgesamt die Proben von 1243 Insekten: Darunter fanden die Wissenschaftler mindestens 20 neue Virusgattungen. „Das ist wohl die bisher größte Einzelstudie in der Entdeckung neuer Viren“, so Drosten. Die neuen Viren wurden bereits in die Suchdatenbanken eingefügt. Dadurch sollen seltene Erkrankungen besser erforscht werden können. Hilfreich ist dies auch, wenn bei einem Patienten ein bestimmtes Virus nicht nachgewiesen werden kann, die Symptome jedoch eindeutig sind. „Wir benutzen dann Hochdurchsatz-Sequenziermethoden, um nach allen Viren zu fahnden, die in den Patientenproben vorkommen“, erklärt Drosten. „Wenn der Patient ein Virus hat, finden wir es – vorausgesetzt, es ist in unserer Datenbank hinterlegt oder es hat Ähnlichkeit mit einem dort verzeichneten Virus.“ Die neuen Virendaten sollen die Erfolgschancen weiter steigern.

Obwohl das Jahr noch relativ jung ist, gab es bereits erste neue Virusinfektionen, die vermutlich durch Tiere übertragen wurden: Nach dem Auftauchen einer zunächst mysteriösen Lungenkrankheit in der zentralchinesischen Metropole Wuhan ist die Zahl der Erkrankten bereits auf 59 gestiegen. Einige der Betroffenen hatten auf einem Fischmarkt in Wuhan gearbeitet oder diesen besucht auch Wildtiere wurden auf dem Markt verkauft. Die Behörden hatten den Markt daraufhin geschlossen, um eine gründliche Reinigung vorzunehmen. Zu den Symptomen zählten vor allem Fieber und Atemprobleme. Die Fälle wurden zunächst als virale Lungenentzündung unbekannter Ursache behandelt. Nach Entzifferung der Gensequenz gehen die Infektionen nun wahrscheinlich auf ein neuartiges Coronavirus zurück. Coronaviren verursachen oft nur harmlose Erkältungen, manche führen jedoch auch zu gefährlichen Atemwegskrankheiten wie SARS. Die US-Botschaft in Peking gab daher eine Reisewarnung aus: Reisende nach
Wuhan sollen Tiermärkte, den Kontakt mit Tieren und ungekochtes Fleisch meiden. Die Identifikation eines neuen
Virus in kurzer Zeit eine sei eine bemerkenswerte Errungenschaft, erklärte die Weltgesundheitsorganisation (WHO).

Im vergangenen Jahr stiegen ebenfalls die Hanta-Virus-Infektionen an, die durch Nagetiere wie Rötelmäuse übertragen werden: Vor allem in staubigen Schuppen, Garagen oder Waldhütten kann man sich mit dem Virus anstecken. In der ersten Jahreshälfte wurden dem Robert-Koch-Institut gut 460 Fälle gemeldet: Besonders betroffen waren die Schwäbische Alb, die Räume Stuttgart und Osnabrück, Unterfranken, der Bayerische Wald, der Osten Hessens, der Westen Thüringens und das Münsterland.

Bereits 2012 hatte es einen noch größeren Ausbruch gegeben: Damals durch das Institut in der gleichen Zeit mehr als 1100 Fälle registriert, im gesamten Jahr der bisherige Rekordwert von rund 2800 Infektionen. Hierzulande rufen Infektionen mit dem Hantavirus meist Erkrankungen mit grippeähnlichen Symptomen hervor: hohes Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen, zudem Übelkeit oder Erbrechen. Auch die Nieren können beeinträchtigt werden, bis hin zu akutem Nierenversagen. Nur die Symptome können behandelt werden, eine Impfung gibt es nicht. In anderen Regionen vorkommende Typen des Virus können schwerwiegendere Erkrankungen auslösen.

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