Ein deutschlandweiter Ausbruch von Diphtherie bereitet dem Robert Koch-Institut (RKI) und weiteren Gesundheitsbehörden zunehmend Sorge. Während anfangs vor allem geflüchtete Menschen betroffen waren, zeigt sich mittlerweile ein erweitertes Bild. Auch wohnungslose Menschen, Drogenkonsumierende, ungeimpfte Personen sowie ältere und vorerkrankte Menschen gehören zur Gruppe der Infizierten.
Aktuelle Genomsequenzanalysen des Konsiliarlabors für Diphtherie am Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) geben Hinweise auf einen deutschlandweiten Ausbruch von Diphtherie mit Corynebacterium diphtheriae vom Sequenztyp ST574.
Diphtherie ist eine durch das Bakterium Corynebacterium diphtheriaeverursachte Infektionskrankheit, die vor allem die Atemwege oder die Haut betrifft. Typisch für die Erkrankung ist die Bildung zäher Beläge im Rachen, die zu Atemnot führen können. Ohne rechtzeitige Behandlung kann Diphtherie schwere Komplikationen bis hin zum Tod verursachen. Eine wirksame Schutzmaßnahme ist die Impfung, die in Deutschland Teil des Standard-Impfkalenders ist.
Es seien aktuell besonders besorgniserregende Entwicklungen, so das RKI. Bis zum 28. April wurden seit 2022 bundesweit insgesamt 126 Fälle mit ST574 registriert, im Vergleich zu 55 Fällen allein im Jahr 2022.
Dabei betreffen die Infektionen nicht mehr nur Flüchtlinge, sondern auch andere vulnerable Gruppen. Zudem nehme die Anzahl schwerer, teils tödlicher respiratorischer Verläufe zu. Das RKI erklärt: „Die genetische Verwandtschaft mit Isolaten aus Nachbarstaaten deutet auf eine mögliche grenzüberschreitende Ausbreitung hin.“
Das RKI mahnt zur erhöhten Wachsamkeit: Diphtherie tritt wieder häufiger auf – in Form von Haut- und respiratorischer Diphtherie. Eine frühzeitige Diagnostik, konsequente Kontaktverfolgung und vollständiger Impfschutz sind entscheidend, um eine weitere Ausbreitung zu verhindern.
Diagnostik: Labore sollen bei C. diphtheriae-Nachweisen immer auch eine PCR auf das Diphtherie-Toxin-Gen durchführen. Positive Fälle sollen an das Konsiliarlabor für Diphtherie (LGL Bayern) gemeldet werden.
Beprobung: Bei Verdacht sollten vor Antibiotikagabe sowohl Rachen- als auch Hautabstriche genommen werden.
Kontaktpersonenmanagement: Enge Kontakte sollen identifiziert und entsprechend betreut werden – unter Berücksichtigung der jeweiligen Lebenssituation.
Impfungen: Impfschutz prüfen und ggf. Impfungen gemäß Stiko-Empfehlungen durchführen. Dies gilt besonders für Geflüchtete und neu Angekommene.
Zusammenarbeit: Enge Abstimmung mit Hilfseinrichtungen für Geflüchtete, Wohnungslose und Drogenabhängige wird empfohlen.
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