Asthmamedikamente

Boehringer: Qualitätsmängel und Lieferengpässe

, Uhr aktualisiert am 05.09.2013 12:09 Uhr
Berlin -

Zwei Jahre nach dem Störfall in einem US-Werk steht Boehringer Ingelheim wieder wegen Qualitätsproblemen im Fokus. Aktuell sind vor allem Medikamente gegen Atemwegserkrankungen betroffen, der Konzern arbeitet unter Hochdruck an einer Lösung des Problems. Das Asthmaspray Berodual N (Ipratropiumbromid, Fenoterol) ist in der N3-Packung derzeit nicht lieferbar, die Apotheken sollen vorerst den Mangel verwalten.

Die Lieferprobleme stehen in Zusammenhang mit den mutmaßlichen Qualitätsmängeln am Standort Ingelheim. Im Mai hatte die US-Arzneimittelbehörde FDA dem Konzern ein Warnschreiben geschickt: Bei einer Untersuchung im November 2012 seien „signifikante Verstöße“ gegen die Gute Herstellungspraxis (GMP) festgestellt worden.

Die FDA rügte unter anderem das Vorkommen von Fremdpartikeln in Wirkstoffen und Fertigarzneimitteln. Betroffen von der Kritik war auch das COPD-Medikament Spiriva (Tiotropium). Die FDA drohte Boehringer damals mit einem Zulassungsstopp und Lieferverbot.

In Ingelheim arbeitet man nun an der Umstellung der Prozesse. Chargen, die nicht der Spezifikation entsprachen, wurden zurückgestellt. „Wir sehen derzeit überall mehrfach hin“, so ein Konzernsprecher.

Mittlerweile wird wieder produziert; in Ingelheim hofft man, dass andere Chargen kurzfristig von der Qualitätssicherung freigegeben werden. Laut Boehringer ist derzeit aber nicht absehbar, wann im Fall von Berodual wieder Ware zur Verfügung stehen wird.

Da es mittlerweile auch Lieferprobleme bei der N1-Packung gibt, werden die Apotheken angehalten, nicht drei, sondern nur ein Dosier-Aerosol abzugeben. Nur so könnten aufgrund der begrenzten Verfügbarkeit möglichst viele Patienten ihr benötigtes Berodual bekommen.

Doch vielerorts kann der Großhandel überhaupt keine Packungsgröße mehr liefern. Weil auch die Reimporte defekt sind, bleibt oft nur der Wechsel auf die Einzelpräparate Berotec und Atrovent.

Derzeit geht man bei Boehringer nicht davon aus, dass auch andere Atemwegsprodukte Mangelware werden könnten. Nur bei Berotec könnten die Vorräte ausgehen, bevor neue Chargen freigegeben werden.

Betroffen wären zahlreiche Patienten überall in Deutschland: Laut Arzneiverordnungsreport wurde Berodual 2011 rund 1,26 Millionen Mal auf Kassenrezept verordnet, Berotec 500.000 Mal, Atrovent 470.000 Mal und Spiriva sogar 2,2 Millionen Mal.

In den USA hatte die Boehringer-Tochter Ben Venue vor zwei Jahren massive Produktionsprobleme; in der Folge war es zu erheblichen Lieferengpässen gekommen. Betroffen waren essentielle sterile Arzneiformen verschiedener Hersteller, die in dem Werk in Illinois hatten hatten produzieren lassen.

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