Neue Therapieformen als Preistreiber

Antidiabetika: Kosten drastisch gestiegen

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Berlin -

Die Ausgaben für blutzuckersenkende Medikamente explodieren: 368,2 Millionen Euro gaben die Krankenkassen in Westfalen-Lippe 2023 für Antidiabetika aus – fast 60 Prozent mehr als noch 2018. Der Grund: Neue Therapieformen sowie der wachsende Bedarf. Expert:innen warnen und betonen, dass Prävention der Schlüssel sei.

Die Ausgaben für Medikamente zur Behandlung von Typ-2-Diabetes in Westfalen-Lippe steigen seit Jahren rasant an. Allein 2023 beliefen sich die Kosten für Antidiabetika auf 368,2 Millionen Euro, wie eine aktuelle Auswertung der AOK NordWest zeigt. Heißt konkret: Im Vergleich zum Vorjahr gab es einen Anstieg von 5,7 Prozent. 2018 lagen die Ausgaben noch bei 231 Millionen Euro, somit summiert sich die Steigerung auf nahezu 60 Prozent.

Ein Hauptgrund, sei der verstärkte Einsatz neuer, moderner Therapieformen: „Früher wurden Typ-2-Diabetiker relativ schnell mit Insulin behandelt. Der Trend geht jedoch hin zu neueren Therapieoptionen, die erheblich kostenintensiver sind“, so AOK-Vorstandsvorsitzender Tom Ackermann. Besonders Medikamente wie SGLT2-Inhibitoren und GLP-1-Analoga würden die Kosten in die Höhe treiben. „Ärztinnen und Ärzte verschrieben diese neuen Wirkstoffe 2023 in einem Wert von 244,7 Millionen Euro – das sind 10,7 Prozent mehr als im Vorjahr“, heißt es laut Auswertung.

SGLT2-Inhibitoren und GLP-1-Analoga im Fokus

SGLT2-Inhibitoren, die die Glucose-Rückresorption in den Nieren hemmen, haben ihre Anwendungsgebiete inzwischen auf Herz- und Niereninsuffizienz ausgeweitet. Dies führte allein 2023 zu einem Anstieg der Verschreibungsmenge um 38 Prozent und der Kosten um 43 Prozent. „Die Erweiterung der Anwendungsgebiete sorgt für höhere Ausgaben. Allerdings lässt sich nicht genau ermitteln, welcher Anteil der verschriebenen Mengen speziell auf die Diabetesbehandlung entfällt“, betont Ackermann.

Auch GLP-1-Analoga, die den Blutzuckerspiegel und das Körpergewicht senken, sorgen für hohe Ausgaben. Für Schlagzeilen sorgten diese Medikamente, weil sie häufiger auch missbräuchlich als sogenannte Abnehmspritzen genutzt wurden. Dies führte immer wieder zu Lieferengpässen. Ackermann stellt jedoch klar: „GLP-1-Analoga sind auf einem Kassenrezept nur bei Typ-2-Diabetes verordnungsfähig.“

Mehr als 784.000 Betroffene

Typ-2-Diabetes betrifft in Westfalen-Lippe rund 784.000 Menschen – das sind 11,7 Prozent der Bevölkerung. Über die Hälfte der Patient:innen ist über 70 Jahre alt. Zudem erkranken Männer häufiger an Typ-2-Diabetes als Frauen. „Das Alter ist einer der bestimmenden Risikofaktoren für die Entwicklung der Erkrankung“, so Ackermann.

Die Ursachen für Typ-2-Diabetes sind vielschichtig. Neben genetischen Faktoren spielen aber auch Übergewicht und Bewegungsmangel eine zentrale Rolle. „Wir können die Krankheit nur bekämpfen, wenn wir die Ursachen anpacken“, betont der Experte. Eine Lebensstiländerung mit ausreichend Bewegung, gesunder Ernährung und Gewichtsreduktion könne mehr als die Hälfte der Diabetesfälle verhindern.

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