Versorgungsatlas

Impfgegner: Süddeutsch und wohlhabend

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Berlin -

Menschen in Süddeutschland stehen Untersuchungen zufolge Impfungen generell skeptisch gegenüber. Nun haben Wissenschaftler vom Versorgungsatlas überprüft, ob es einen Zusammenhang zwischen den Impfquoten benachbarter Landkreise gibt. Das Ergebnis ist verblüffend.

Die Experten fanden heraus: Bei niedrigen Quoten ist dies tatsächlich der Fall. Auffallend ist auch, dass es sich bei den betroffenen Regionen um eher wohlhabende Gebiete handelt. Durch den Süden von Bayern und Baden-Württemberg zieht sich eine zusammenhängende Region, geprägt von Impfskepsis. In dieser sind die Quoten bei mehreren Impfungen besonders niedrig.

Das alarmierende Fazit der Untersuchung: In diesen Landkreisen sind Kinder sowohl gegen Masern als auch gegen die Erreger von Hirnhautentzündungen schlechter geschützt als im Rest Deutschlands. Die Experten des Impfatlas sprechen von „ungesunden Nachbarschaften“ und konstatieren als Fazit ihrer Studie, dass diese Gebiete auffallend wirtschaftlich wohlhabender als andere Regionen sind.

In den bayerischen Landkreisen Garmisch-Partenkirchen, Bad Tölz und Rosenheim erhalten nur 36 bis 42 Prozent der Kinder die erforderlichen zwei Impfungen gegen Masern im empfohlenen Zeitraum. Auch in zwei Landkreisen von Baden-Württemberg, in Ravensburg und Freiburg, liegen die Quoten deutlich unter dem Bundesdurchschnitt. Ähnlich verhält es sich der neuen Studie zufolge bei den Impfungen gegen Meningokokken.

Die Analysen der Wissenschaftler belegen auch einen deutlichen Zusammenhang zwischen den Impfquoten auf Kreisebene: Je höher beziehungsweise niedriger die Impfquote einer Impfung war, desto höher beziehungsweise niedriger war auch die Impfquote der anderen Impfung.

Im Süden Bayerns und Baden-Württembergs, so die Experten, gebe es eine größere zusammenhängende Region, in der die Impfquoten beider Impfungen sowohl im jeweils betrachteten Landkreis als auch in den angrenzenden Kreisen signifikant niedriger waren als im übrigen Deutschland. Lediglich der Großraum München ist von diesem Effekt ausgenommen.

Auch bundesweit beleuchteten die Forscher die Thematik. Dabei kam heraus, dass es in keiner anderen Großregion vergleichbare Beziehungen bei hohen und mittleren Impfquoten gibt. Nur in kleinräumigeren Gebieten, zum Beispiel in der Region zwischen Hannover und Wolfsburg oder in der Region um Dessau gab es Hinweise darauf, dass die hohen Quoten bei der einen Impfung auch mit hohen Quoten bei der anderen Impfung einhergingen.

Im Norden Deutschlands und in der Mitte fanden die Forscher Landkreise mit hohen Impfquoten. Im Rahmen einer Clusteranalsyse konnten sie Cluster mit eher niedrigen, mittleren und höheren Impfquoten erkennen. Allerdings zeigten die Cluster bei den hohen und mittleren Impfquoten kein eindeutiges regionales Muster. Die Cluster mit hohen Impfquoten (145 Kreise) befinden sich jedoch vermehrt im Norden und in der Mitte Deutschlands. Das dritte Cluster (31 Kreise) mit niedrigen Quoten liegt überwiegend im Süden von Bayern und Baden-Württemberg.

Eine weitere Erkenntnis der Studie: Wohlhabende Eltern sind impfskeptischer. Die Wissenschaftler konnten hierbei ein Muster erkennen: In Regionen mit hohem Haushaltseinkommen, geringer Arbeitslosenquote und geringer gesundheitlicher Belastung liegt die Impfquote niedriger.

Dies korrespondiert mit einer in anderen Untersuchungen nachgewiesenen negativen Einstellung von Eltern und Ärzten gegenüber Impfungen etwa in Südbayern und könnte darauf hinweisen, dass gerade in besser gestellten sozialen Milieus die individuelle Auseinandersetzung mit der Impfung des Kindes eine hohe Bedeutung hat. „Warum dies aber eher zu einer impfkritischen Haltung als zur Befolgung der Impfempfehlungen führt, sollte zur Verbesserung des Impfschutzes in diesen Regionen genauer analysiert werden“, fordern die Wissenschaftler.

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