Verkehrsmedizin

Fahruntauglich – aber wovon?

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München -

Neue Drogen stellen Verkehrsmediziner vor große Probleme. Viele der berauschenden Substanzen, die vor allem junge Menschen heute konsumierten, seien mit herkömmlichen Drogentests gar nicht zu erfassen, erklärten Verkehrsmediziner in München.

Auf 400 schätzen die Experten die Zahl der Drogen, die heute im Umlauf sind. Allein im vergangenen Jahr seien in Europa 80 neue Substanzen aufgetreten, sagte der Toxikologe Dr. Frank Mußhoff anlässlich eines gemeinsamen Symposiums der Deutschen Gesellschaft für Verkehrsmedizin (DGVM) und der Deutschen Gesellschaft für Verkehrspsychologie.

„Da haben wir ganz große Probleme, weil die von normalen Drogentests nicht erfasst werden. Wir finden im Labor nur das, was wir kennen“, erläuterte Mußhoff. Viele der Mode-Rauschmittel wie Badesalz-Drogen oder Spice fielen auch noch gar nicht unter das Betäubungsmittelgesetz. Dort sei zuletzt im Jahr 2006 eine neue Substanz aufgenommen worden. „Es ist verheerend, was die Leute schlucken und schniefen, ohne zu wissen, was es ist.“

Ein weiteres Anliegen der Verkehrsmediziner: Sie wollen nicht, dass der Blutalkoholtest durch einen Atemalkoholtest ersetzt wird. Zwar seien die Geräte inzwischen sehr sicher. Allerdings habe eine Polizeistudie in Mecklenburg-Vorpommern ergeben, dass die Messungen in 50 Prozent der Fälle vor allem wegen Anwendungsfehlern nicht richtig gewesen seien. Die Ergebnisse könnten im Fall der Fälle vor Gericht angezweifelt werden, befürchten die Mediziner.

Zur Verbesserung der Verkehrssicherheit forderten die Experten unter anderem, schon ab einem Blutalkoholwert von 1,1 Promille und nicht erst ab 1,6 das anzuordnen, was im Volksmund Idiotentest heißt. Außerdem müsse die Aufarbeitung schwerer Unfälle verbessert werden. Vor allem, wenn es nur einen Unfallbeteiligten gebe, bleibe eine genaue Untersuchung des Unfallgeschehens aus, kritisierte der Münchner Mediziner und Tagungspräsident Dr. Matthias Graw. In manchen Gebieten würden nur 10 Prozent der Unfallopfer obduziert. „Wenn ich nicht weiß, wie ein Unfall passiert ist, kann ich auch keine präventiven Maßnahmen ergreifen“, sagte er.

Auch der demografische Wandel beschäftigt die Mediziner und Psychologen. In einer immer älter werdenden Gesellschaft gebe es immer mehr Autofahrer, die hinter dem Steuer eigentlich nichts zu suchen haben, sagte DGVM-Präsident Volker Dittmann. Ab einem Alter von 70 Jahren steige das Unfallrisiko wieder deutlich an, sagte er.

Gefahren seien dabei unter anderem Altersdemenz – aber auch Herz-Kreislauf-Krankheiten oder Diabetes. Medikamente könnten – ebenso wie Psychopharmaka – die Fahrtüchtigkeit einschränken, sagte Dittmann. Nicht immer würden Patienten von ihren Ärzten darauf hingewiesen. „Es fahren mindestens genau so viele Menschen mit gefährlichen Medikamenten durch die Gegend wie mit Alkohol und Drogen.“

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