Psychotherapeuten

Experten: Depressive besser versorgen

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Berlin -

Die Bundespsychotherapeutenkammer hat die Bundesregierung aufgefordert, mehr Psychotherapeuten zur Behandlung zuzulassen. Angesichts der monatelangen Wartezeiten für psychisch kranke Patienten auf eine Behandlung müsse ihre Zahl insbesondere in ländlichen Regionen gefördert und deutlich erhöht werden, sagte Kammer-Präsident Dietrich Munz.

Zudem forderte die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) eine intensivere Forschung auf dem Gebiet psychischer Erkrankungen wie Depressionen. DGPPN-Präsidentin Iris Hauth sagte: „Es gibt in Deutschland bereits Deutsche Zentren für Krebsforschung oder Deutsche Zentren für Kreislaufforschung. Und wenn man davon ausgeht, dass psychische Krankheiten Volkskrankheiten sind, dann wäre es auch an der Zeit, ein Deutsches Zentrum zur Erforschung von psychischen Erkrankungen zu haben.“

Munz sagte, der Berufsstand und die Patienten litten heute noch unter den Fehlern, die nach der Wiedervereinigung bei der Planung des bundesweiten Bedarfs an Psychotherapeuten und psychotherapeutisch tätigen Ärzten gemacht worden seien. Damals sei die Bedarfsplanung für alle Bundesländer angelegt worden, „obwohl in den neuen Bundesländern der Bereich Psychotherapie noch sehr, sehr wenig ausgebaut war“.

In extremen Situationen müssen psychisch kranke Menschen etwa mit Depressionen bis zu fünf, sechs Monate warten, um einen Therapieplatz bei einem niedergelassenen Psychotherapeuten zu bekommen. Für einen Menschen, dessen Krankheit ihn antriebs- und motivationslos macht, ist das ein immenses Hindernis, sich in Behandlung zu begeben, erläuterte Munz und fügte hinzu, ungeachtet der Volkskrankheit Depression führten Psychotherapeuten und Psychiater in der Ärzteschaft immer noch „ein randständiges Dasein“ mit entsprechend geringer Vergütung.

Hauth beklagte, dass es - unabhängig von der Pharma-Industrie – keine staatlich geförderte Medikamentenforschung auch auf dem Gebiet der Depressionen gebe. „Wo die Industrie nicht mehr forschen will, müsste eigentlich staatliche Forschung greifen.“ Im Grunde gibt es seit Jahren keine wesentlichen Innovationen auf dem Gebiet der Anti-Depressiva. Positive Veränderungen hätten neue Präparate vor allem bei den Nebenwirkungen gebracht. „Wenn man wirklich ernsthaft weiterkommen will, dann sollten wir eine Strukturförderung haben und Netze, die auch längerfristig forschen.“

Nach Worten der DGPPN-Präsidentin ist bei der Patientenversorgung im ambulanten Bereich ein Stadt-Land-Gefälle zu beobachten. „Großstädte wie Berlin sind gut versorgt, während die neuen Bundesländer und die Flächenländer zu wenig Fachärzte für Psychiatrie und Psychosomatik haben“, sagte sie.

Der Bedarfsplan für die niedergelassenen Fachärzte und psychologischen Therapeuten müsse überarbeitet werden. Zudem seien Anreize nötig, damit die Fachleute auch in unterversorgte Regionen gehen. Generell würden niedergelassene Fachärzte für Psychiatrie, also die Vertreter der sprechenden Medizin, völlig unzureichend honoriert, machte auch Hauth deutlich.

Potenzial sieht sie auch in der Telemedizin. Lange Wartezeiten könnten durch internetbasierte Interventionen überbrückt werden. Zudem sieht sie hier Möglichkeiten, die Sektor übergreifende Zusammenarbeit zu verbessern, etwa durch intensiveren Wissensaustausch zwischen Haus- und Fachärzten.

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