Studie

Regionale Unterschiede bei Operationen

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Berlin/Gütersloh -

Mandel-Operationen bei Kindern, Blinddarm- und Prostata-Eingriffe werden in manchen Regionen Deutschlands bis zu achtmal öfter vorgenommen als andernorts. Auch beim Einsatz künstlicher Kniegelenke, bei Kaiserschnitten oder Gebärmutterentfernungen unterscheidet sich die OP-Häufigkeit zwischen den Regionen noch um das Zwei- bis Dreifache. Zu diesem Ergebnis kommen zwei Studien der Bertelsmann Stiftung und der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD).

Rein medizinisch seien solche Unterschiede nicht zu erklären. „Große regionale Unterschiede in der Gesundheitsversorgung sind ein klares Zeichen für Qualitäts-, Effizienz- und Gerechtigkeitsprobleme“, sagte OECD-Direktor Mark Pearson.

Die Autoren der Studien verweisen unter anderem auf den Kreis Bad Kreuznach (Rheinland-Pfalz), auf Bremerhaven oder Delmenhorst (Niedersachsen), in denen eine hohe Zahl an Mandeloperationen festgestellt wurde. „Offensichtlich spielen hier andere Faktoren eine Rolle als nur die medizinische Notwendigkeit“, sagte Dr. Brigitte Mohn, Vorstand der Bertelsmann Stiftung.

Die Ergebnisse beruhen den Angaben zufolge auf einer Langzeituntersuchung. Die Bertelsmann Stiftung beobachte seit 2007 die Häufigkeit von Operationen in allen 402 Kreisen und Städten. Danach blieb das Ausmaß der regionalen Unterschiede über die Jahre bei den einzelnen medizinischen Eingriffen nahezu gleich. Es seien auch überwiegend dieselben Regionen, die konstant unter besonderer Über- oder Unterversorgung litten.

Verantwortlich für die großen regionalen Unterschiede seien keineswegs nur wenige Ausreißer. Bei den Mandelentfernungen etwa weichen den Studien zufolge 137 der 402 deutschen Städte und Gemeinden um mehr als 30 Prozent vom Bundesdurchschnitt ab. „Das legt die Vermutung nahe, dass betroffene Kinder in jeder dritten Stadt und jedem dritten Kreis entweder über- oder unterversorgt werden.“

Die OECD-Studie kommt für die anderen untersuchten Staaten, darunter Frankreich, Spanien und England, zu ähnlichen Ergebnissen.

Der gesundheitspolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Jens Spahn (CDU), sagte: „Es darf ja nicht vom Wohnort abhängen, ob ich unnötig operiert werde oder nicht. Offensichtlich gibt es auch bei der Stellung der Indikation ein Qualitätsproblem. Im Sinne der Patienten müssen wir das auch lösen.“ Einem Patienten nütze es wenig, „wenn er zwar qualitativ sehr gut, aber völlig unnötig operiert würde“.

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