Fremdbesitzverbot

Treuhand droht Enteignung

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Den Eigentümern der Treuhand Hannover droht möglicherweise ein Zwangsverkauf. Der Grund dafür: Das Steuerberatungsunternehmen ist mehrheitlich in der Hand von selbstständigen Apothekern - und damit in Fremdbesitz. Seit 1990 ist dies für Steuerberatungsunternehmen jedoch verboten. Im vergangenen Jahr ging die Steuerberaterkammer Niedersachsen juristisch gegen die Gesellschafterstruktur der Treuhand vor - zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt.

74 Prozent der Anteile an der Treuhand hält der Treuhand-Verband Deutscher Apotheker, ein Zusammenschluss von rund 1000 Apothekern in einem Verein. Die restlichen 26 Prozent hält die Deutsche Apotheke- und Ärztebank (Apobank).

Bereits im Jahr 2007 zog die Steuerberaterkammer gegen die Treuhand vor Gericht. Nachdem das niedersächsische Finanzgericht die Eigentumsverhältnisse zunächst nicht beanstandet hatte, gingen die Kläger in Revision - mit Erfolg: Der Bundesfinanzhof hat in einer Vorabentscheidung angekündigt, die bisherigen Eigentümer aus ihrer Position zu drängen. „Den Gesellschaftern droht faktisch eine Enteignung“, sagte Dr. Klaus-Martin Prang, Sprecher der Geschäftsführung der Treuhand.

Kann die Treuhand in der eigens beantragten mündlichen Verhandlung die Richter nicht überzeugen, bliebe noch der Gang vor das Bundesverfassungsgericht. Diesen Schritt will die Treuhand aber von der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) in Sachen Fremdbesitzverbot für Apotheken abhängig machen. Bestätigt der EuGH gemäß der Empfehlung des Generalanwaltes Yves Bot das Fremdbesitzverbot, wollen die Apotheker sich nicht vor dem Bundesverfassungsgericht in ein Unternehmen einklagen. „Ein solches Vorgehen könnte in Luxemburg als Affront aufgefasst werden“, befürchtet Prang.

Für den Treuhand-Chef ist unverständlich, warum die Steuerberaterkammer ausgerechnet jetzt auf das Fremdbesitzverbot drängt. Schließlich sei das Gesetz schon 14 Jahre in Kraft. 1994 wurde die Regel noch einmal verschärft und gilt seither auch für mittelbar Beteiligte. Davon sind auch die Gesellschafterverhältnisse der Treuhand betroffen.

Bestehenden Altgesellschaften wurde zwar ein Bestandsschutz garantiert, solange es keine Veränderungen bei den Gesellschaften gibt. Bei Vereinen und Gesellschaften ist dies allerdings relativ häufig der Fall: Mehr als 50 Zu- und Abgänge sind es bei der Treuhand pro Jahr. Der Bundesfinanzhof habe die Gesellschafterstruktur der Treuhand als „bestandsschädlich“ wahrgenommen, sagte Prang. „Die Befürchtung ist, dass die Einflussnahme der Nicht-Steuerberater sich ändern könnte. Für uns ist das vollkommen unverständlich“, so Prang. Die Ironie dabei: Kapitalgesellschaften sind von der Bestandsregelung weniger betroffen, weil sich deren Gesellschafterstruktur nicht täglich verändert.

Sollte die Vorabentscheidung des Bundesfinanzhofes Bestand haben, hat die Treuhand bereits einen Plan B: „Wir werden alles tun, damit das Unternehmen für die Apotheker erhalten bleibt“, sagte Wilhelm Soltau, Apotheker und Vorstandsvorsitzender des Treuhand-Verbandes. Eine Abwicklung werde es nicht geben. Sollten die Apotheker als Eigentümer aus der Treuhand gedrängt werden, werde der Verband in einen Förderverein überführt.

Die derzeit etwa hundert bei der Treuhand beschäftigten Steuerberater müssten dann auf Beschluss des Vereins die Anteile der Apotheker übernehmen. Dazu soll die Treuhand zunächst von einem externen Unternehmen bewertet werden. Scheidet ein Steuerberater aus der Treuhand aus, muss er seine Anteile verkaufen. Wie bislang sollen alle erzielten Gewinne in die Gesellschaft investiert werden.

Nach Unternehmensangaben haben rund 3000 Apotheker, 800 Ärzte sowie 600 weitere Firmen der Treuhand ein Mandat erteilt. 2007 lag der Umsatz des Unternehmens mit rund 800 Mitarbeitern bei rund 50 Millionen Euro. Im Aufsichtsrat für die Amtsperiode 2009 bis 2012 sind neben Soltau die Apotheker Dr. Peter Froese, Dr. Heinz-Jürgen Kopmann, Dr. Michael Mainka, Dr. Hans Ulrich Plener, Bernhard Thürmer und Rainer Töbing. Außerdem gehören dem Kontrollgremium für die Apobank Günter Preuß und Stefan Mühr sowie Treuhand-Volkswirt Reinhard Garbe und fünf Arbeitnehmervertreter an.

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