Herstellbetriebe

Schlechtere Konditionen: Medios verliert Millionenbetrag

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Berlin -

Der Berliner Herstellbetrieb Medios wurde von der Corona-Krise kalt erwischt: Die Kontingentierung stoppte das Umsatzwachstum, schlechtere Konditionen drücken auf den Ertrag. An der Börse kam die Meldung nicht gut an.

Im ersten Quartal kam es aufgrund der zunehmenden Ausbreitung von Corona zu Lieferengpässen bei versorgungsrelevanten Arzneimitteln. In der Folge stellte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eine „übermäßige Bevorratung bei einzelnen Marktteilnehmern“ fest. Um einer „Ungleichverteilung“ entgegenzuwirken, forderte die Behörde im März Hersteller und Großhändler per Anordnung dazu auf, Arzneimittel „nicht über den normalen Bedarf hinaus zu beliefern“. „Die Folge war die Belieferung des Großhandels mit Arzneimitteln auf der Basis der Liefermengen des Vorjahres“, erklärt das Management von Medios. „Das führte dazu, dass Medios nicht das nach der Nachfrage mögliche Umsatzwachstum erzielen konnte.“

Die angeordnete Kontingentierung hatte aber noch einen zweiten Effekt, denn sie führte zu einer Verschlechterung der Einkaufsbedingungen für pharmazeutische Großhändler in Form von erhöhten Einkaufspreisen. So habe man zu schlechteren Konditionen beim vollsortierten Großhandel einkaufen müssen. „Diese wurden von Medios jedoch nicht an die Partnerapotheken weitergegeben, um die Kunden auch während der Corona-Pandemie wie gewohnt beliefern zu können. Dieser Effekt setzte sich unerwartet das komplette zweite Quartal hindurch fort, weshalb die Ergebnismargen niedriger als geplant ausfielen.“

„Die Rahmenbedingungen für Medios sind im ersten Halbjahr 2020 anspruchsvoller geworden“, so CEO Manfred Schneider. „Dennoch konnten wir unseren Umsatz um fast 30 Prozent steigern. Die aktuelle Nachfragesituation stimmt uns zuversichtlich, das dynamische Wachstum auch zukünftig fortzusetzen und das Geschäftsjahr 2020 mit einem deutlichen Umsatzplus abzuschließen.“

In den ersten sechs Monaten wuchsen die Umsätze um 28 Prozent auf 293 Millionen Euro, davon entfallen 31 Millionen Euro auf die Herstellung (plus 27 Prozent) und 262 Millionen Euro auf den Großhandel (plus 28 Prozent). Das um Sonderaufwendungen bereinigte Konzernergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) sank um 16 Prozent auf 6,5 Millionen Euro. Hier entfallen 2,9 Millionen Euro auf die Herstellung (plus 4,5 Prozent) und 4,1 Millionen Euro auf den Großhandel (minus 23 Prozent).

Medios geht davon aus, dass die negativen Effekte auch im zweiten Halbjahr anhalten werden, da die vom BfArM angeordneten Maßnahmen „für den Zeitraum der Corona-Pandemie“ gelten. Schon jetzt gebe es Probleme, ausreichend Lieferungen zu erhalten. Im Ergebnis fehle außerdem ein Prozentpunkt an Marge (Wareneinsatz 97,3 statt 96,3 Prozent), was ungefähr 2,6 Millionen Euro im ersten Halbjahr beziehungsweise 5,6 Millionen Euro im Gesamtjahr entspricht.

Trotz des herausfordernden Marktumfelds wird aber weiterhin ein dynamisches Umsatzwachstum prognostiziert – auch aufgrund des geplanten Einstiegs in die Versorgung von Patienten mit Hämophilie (Bluterkrankheit). „Hämophilie-Präparate dürfen aufgrund einer Neuregelung der Vertriebswege ab September 2020 nur noch über Apotheken an Patienten abgegeben werden. Dies ermöglicht Medios, Partnerapotheken künftig mit entsprechenden Medikamenten zu beliefern und das Partnernetzwerk weiter auszubauen.“

Finanzchef Matthias Gärtner sieht diesen Bereich sowie die Verblisterung – im Frühjahr war die Kölsche Blister übernommen worden – als „hochattraktive Märkte“. Derzeit fokussiert sich die Gruppe mit mehr als 300 Partnerapotheken auf fünf Indikationsgebiete, darunter Onkologie, Neurologie sowie Ophthalmologie. „Durch die Erschließung dieser Märkte können wir unser Wachstum auf eine noch breitere Basis stellen.“ Spätestens 2023 will Medios einen Milliardenumsatz ausweisen.

 

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