Großhandel

Pessina meldet sich zu Wort

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Berlin -

Ertrag und Image: Diese Leitmotive gelten bei Alliance Boots derzeit vielleicht mehr als bei jedem anderen Pharmahandelskonzern. Die Turbulenzen bei der deutschen Großhandelstochter passen so gar nicht zur Inszenierung der Briten als globaler Branchenpionier. Weil es immer noch keine neue Führungsfigur in Frankfurt gibt, meldet sich jetzt Firmenpatriarch Stefano Pessina persönlich zu Wort: Der deutsche Markt sei irrational, und die Globalisierung führe dazu, dass man vernünftiger arbeiten könne, diktierte Pessina dem Handelsblatt.

Allzu führungslos schlingerte die ehemalige Anzag zuletzt durch unruhiges Fahrwasser: Dem Abgang von Vorstandschef Dr. Ralf Lieb folgte die Absage von Dr. Michael Lonsert, dazu kamen Probleme mit Vivesco/Alphega und der vorerst zurückgenommene Versuch der Konditionenkürzung.

Laut Bericht kann Pessina über die Situation in Deutschland nur den Kopf schütteln: „Der deutsche Markt ist der irrationalste Markt, den ich in diesem Jahr gesehen habe. Aber die Marktteilnehmer sind selbst für diese Situation verantwortlich", so der Konzernchef.

Eigentlich sei der Markt insgesamt „in einer ganz guten Verfassung“, bestätigt Pessina seine Einschätzung aus früheren Zeiten. „Aber augenscheinlich haben die Anbieter Spaß dran gefunden, sich gegenseitig das Leben schwerzumachen.“

Zu den Problemen der eigenen Großhandelstochter äußerst er sich nicht; er räumt aber ein, dass das Geschäft im vergangenen Jahr unter seinen Erwartungen geblieben sei. Auch zum Abgang von Lieb gibt es keinen Kommentar. Nur soviel: „Wir suchen einen Nachfolger, aber wir stehen nicht unter Druck.“

Viel lieber spricht er über das Thema, das ihn seit Jahren am meisten umtreibt: „Ich bin für die Globalisierung und Konsolidierung der Branche, denn am Ende bedeutet das, vernünftiger arbeiten zu können, als es beispielsweise viele kleine lokale Anbieter können“, so Pessina. „Insofern begrüße ich es, wenn der Prozess durch weitere Übernahmen beschleunigt wird.“

Dass Celesio und McKesson Anfang des Jahres nachgezogen sind, sieht der 72-Jährige als Zeichen, dass er mit seiner Vision richtig liegt: „Ich sehe diesen neuen Wettbewerber nicht als Bedrohung für uns, sondern als Beweis, dass der Markt zunehmend rationeller wird.“

Pessina hatte den Pharmahändler Alliance UniChem 2006 mit der britischen Drogeriekette Boots verschmolzen und den Konzern nur ein Jahr später zusammen mit dem US-Finanzinvestor KKR von der Börse genommen. 2012 wurden 45 Prozent der Anteile an die US-Apothekenkette Walgreens verkauft, im kommenden Jahr soll der zweite Teil der Transaktion über die Bühne gehen.

Dass dies trotz einiger Widerstände seitens der Walgreens-Anleger klappt, daran hat Pessina keine Zweifel: „Ich sehe derzeit keine Gefahr, dass Walgreens nicht den nächsten Schritt mit uns macht.“

Pessina glaubt, dass er seinen Vorsprung gegenüber McKesson/Celesio nutzen kann: Die Beziehungen zu Lieferanten und Apotheken seien weiter entwickelt, so Pessina im Handelsblatt.

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