Einsparung oder Kompensation?

Klimaneutral: Sternchenhinweis darf nicht fehlen

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Berlin -

Greenwashing ist nicht erlaubt, Unternehmen dürfen Verbraucher:innen nicht täuschen. Laut dem Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) muss bei der Werbung mit „klimaneutral“ umfassend darüber aufgeklärt werden, auf welche Weise die Klimaneutralität erreicht wird und welche Eigenmaßnahmen dahinterstehen.

Nur wenn die Werbung mit „klimaneutral“ näher erläutert wird, kann laut Wettbewerbszentrale eine Wettbewerbsverzerrung verhindert werden und ein Innovationswettbewerb um die nachhaltigsten Leistungen entstehen. Durch die beiden Gerichtsentscheidungen des OLG sieht sich die Selbstkontrollinstitution der Wirtschaft in ihrer Forderung nach mehr Transparenz bestätigt.

Im ersten Fall hatte ein Lebensmittelhersteller in einer Zeitungsanzeige für eine Marmelade mit der Angabe „Klimaneutraler Preis-Leistungs-Klassiker“ geworben. Abgebildet war auch ein Marmeladenglas mit den Angaben „klimaneutrales Produkt“. Weitere Angaben, was hierunter zu verstehen ist oder zumindest der Verweis auf eine Internetseite mit weiteren Informationen, fanden sich weder in der Anzeige, noch auf der Verpackung. Schon das Landgericht Mönchengladbach (LG) hatte diese Werbung als irreführend und damit als wettbewerbswidrig verboten.

Bilanzielle vs. echte Klimaneutralität

Der angesprochene Verbraucher verstehe die Werbung dahingehend, dass die Marmelade klimaneutral hergestellt werde. Er erwarte gerade nicht, dass das anfallende CO2 durch nachträgliche Maßnahmen kompensiert und damit nur eine bilanzielle Klimaneutralität erreicht werde. Der Verbraucher sei an schlagwortartige Hinweise wie „zuckerreduziert“ gewöhnt und verstehe daher auch „klimaneutral“ als konkrete Produkteigenschaft, die falsch sei, weil die entstehenden Treibhausgasemissionen nur kompensiert würden.

Auch das OLG befürchtet, dass das Unternehmen nur Greenwashing betreibt. Erforderlich sei daher die Information, auf welche Weise die Klimaneutralität erreicht werde, ob die behauptete Klimaneutralität also ganz oder teilweise durch Einsparmaßnahmen oder durch Kompensationsmaßnahmen erzielt werde. Auch sei darüber aufzuklären, ob bestimmte Emissionen von der CO2-Bilanzierung ausgenommen und welche Produktionsvorgänge einberechnet würden. Dabei genüge es jedoch, dass diese Informationen auf einer weiterführenden Internetseite erfolge.

Im zweiten Fall waren Süßigkeiten in einer Zeitungsanzeige als klimaneutrale Produkte beworben worden. Hier war das LG Kleve zunächst zu der Auffassung gelangt, dass die Werbung nicht gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) verstößt, da durch die betreffende Zeitung nur ein Fachpublikum angesprochen werde. Diesem sei bewusst, dass Klimaneutralität auch durch Kompensation erreicht werden könne.

Fachkreise vs. Verbraucher

Laut OLG kommt es aber wie im anderen Verfahren ausgeführt nicht nur auf das Verständnis von Fachkreisen, sondern auch auf das Verbraucherverständnis an. Da aber ein Verweis auf weitere Informationen vorliege, sei die Werbung nicht irreführend und nicht intransparent.

Die Wettbewerbszentrale wird nun die Urteilsgründe sorgfältig prüfen und über die Einlegung der zugelassenen Revision entscheiden. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung hat der Senat in beiden Fällen die Revision zugelassen.

„Die Entscheidungen bestätigen die Forderung der Wettbewerbszentrale nach mehr Transparenz und fordern eine weitgehende Aufklärung. Aus unserer Sicht muss jedoch bereits in der Werbung bzw. auf der Verpackung stichwortartig über die grundlegenden Punkte aufgeklärt werden, auch wenn eine detaillierte Erklärung erst auf der Internetseite erwartet werden kann“, meint Dr. Tudor Vlah, zuständiger Referent für umweltbezogene Werbung bei der Wettbewerbszentrale.

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