Pharmahersteller

Schlachtkonzern wird Heparin-Hersteller

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Berlin -

Der Schlachtkonzern Tönnies eröffnete am Dienstag das Pharma Action Werk im ostwestfälischen Rheda-Wiedenbrück. In der Fabrik beginnt alsbald die Produktion von Roh-Heparin. Das Unternehmen wirbt dabei mit dem Slogan „Made in Germany“: Rund 60 Prozent der europaweit rückverfolgbaren Heparin-Grundstoffe sollen im Aurea Werk gewonnen werden.

Der Quereinstieg war für das 1971 gegründete Familienunternehmen Tönnies naheliegend: Der Heparin-Ausgangsstoff wird unter anderem aus der Dünndarmschleimhaut von Schweinen hergestellt. Dieses Schlachtnebenprodukt fällt bei Tönnies zur Genüge an: Rund 16 Millionen Schweine schlachtet der Konzern pro Jahr.

Das gewonnene Roh-Heparin wird dann im Berliner Werk der Firma Pharma Action GmbH zu Heparin weiterverarbeitet und an Fertigarzneimittelhersteller geliefert. Das Berliner Unternehmen ist seit mehr als 25 Jahren auf die Produktion und den Handel mit Heparin-Wirkstoffen spezialisiert. Dies hat sich Tönnies bereits vor zwei Jahren zu eigen gemacht: Im Mai 2012 übernahm er die Mehrheit der Anteile am Berliner Heparin-Hersteller.

Die beiden Unternehmen hoffen mit dem Wirkstoff nicht nur auf dem europäischen Markt einen guten Absatz erzielen zu können. „Produkte aus Deutschland werden weltweit mit hoher Qualität und Zuverlässigkeit assoziiert“, betonte Pharma Action-Geschäftsführer Erol Thomas Isim.

Dass die Rückverfolgbarkeit der Herstellung den Unternehmen einen Marktvorteil verschafft, liegt auf der Hand: Bisher ist China der welweit größte Heparin-Produzent. Die Herstellung in chinesischen Produktionsstätten ist aber oftmals intransparent. Dies zeigte sich auch im Jahr 2008, als Chargen mit verunreinigten Heparin aus China für einen Skandal gesorgt haben.

In mehr als 80 Fällen wurden damals in Deutschland allergische Reaktionen nach der Applikation von unfraktionierten Heparin der Firma Rotexmedica beobachtet. Auch in den USA war es vermehrt zu Zwischenfällen gekommen. Knapp 800 Patienten, die mit einem Heparin der Firma Baxter behandelt wurden, klagten über Atemwegsbeschwerden, Übelkeit, Schweißausbrüche und Hypotonie. 19 Menschen starben.

Beide Firmen hatten das Antikoagulanz von unterschiedlichen chinesischen Zulieferern bezogen. Die US-Arzneimittelbehörde FDA hat als Konsequenz die Zahl ihrer Auslandsinspektionen erhöht.

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