Phoenix Spezial

Geheimes Ketten-Kommando

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In den vergangenen zehn Jahren haben sich Apotheker in Ungarn und Tschechien mehr als einmal gefragt, wer sich hinter den führenden Apothekenketten ihrer Länder verbirgt. Denn von den „üblichen Verdächtigen“ fand sich scheinbar keine Spur. Unbemerkt von der Fachöffentlichkeit hatten Manager aus dem Umfeld des Mannheimer Pharmahändlers Phoenix eine geheime Truppe zur Eroberung europäischer Apothekenmärkte aufgebaut.

Im Frankfurter Stadtteil Niederrad betreibt ein Unternehmen namens UTA Pharma Beteiligungs GmbH als „Finanz- und Management-Holding eines international ausgerichteten Konzerns im Bereich des pharmazeutischen Einzelhandels“ ihr undurchsichtiges Geschäft. Die 100-prozentige Tochter einer luxemburgischen Holdinggesellschaft verwaltet rund 300 Apotheken in verschiedenen mittel- und osteuropäischen Ländern.

Knapp 2000 Beschäftigte erwirtschafteten 2004 in den verschiedenen Ländern für die deutschen Investoren einen Umsatz von 450 Millionen Euro. Zum Portfolio gehören mittlerweile auch eine handvoll Polikliniken und Gesundheitszentren.

Während Phoenix das Auslandsgeschäft als Großhändler in Eigenregie vorantrieb, kümmerte sich UTA offenbar um die Schattenexpansion im Apothekenbereich. Verantwortlich für die Geschäfte des Unternehmens war bis 2006 der Phoenix-Prokurist Marko Grünewald, der heute für den Konzern die Mannheimer Blister Center leitet.

Eine direkte Verbindung zum Pharmahändler lässt sich nicht nachweisen - selbst der Name Merckle taucht beim Stammhaus in Luxemburg nicht auf. Die Anteile werden von einer luxemburgischen Bank gehalten; die Inhaber könnten über einen geschlossenen Investmentfonds Zugriff auf das Unternehmen haben.


Zunächst kaufte UTA in Ungarn kleinere Ketten und Einzelapotheken auf. Bis vor zwei Jahren waren Kapitalgesellschaften nur Minderheitsbeteiligungen erlaubt; Großhändler waren sogar komplett vom Apothekenbesitz ausgeschlossen. Doch bei UTA ließ sich keine Verbindung zu einem Großhändler nachweisen. Heute gehören rund 120 der 2000 ungarischen Apotheken zur Kette, die als solche für den Verbraucher mangels gemeinsamer Dachmarke nicht zu erkennen ist.

In Tschechien übernahm das Unternehmen im Jahr 2001 ebenfalls die größte Apothekenkette des Landes, die bereits 1993 durch den österreichischen Großhändler Friedrich Jacoby gegründet worden war. Auch die Apotheken, die ein ehemaliger Tschechien-Chef des Phoenix-Vorgängers Stumpf aufgekauft hatte, sowie verschiedene Phoenix-Apotheken gingen in der Kette auf. Nach verschiedenen Finanztransaktionen stieg Anfang 2006 Phoenix seinerseits bei der Kette ein; mittlerweile hält der Konzern ein Drittel der Anteile. Die aktuell rund 85 Apotheken treten ebenfalls weitgehend ohne gemeinsame Marke auf.

In Österreich verwaltet UTA einem internen Papier zufolge Beteiligungen an rund zwei Dutzend Apotheken. In der Schweiz dürfte UTA die Geschäfte der Groupe Capitole überwacht haben, zumindest bis Phoenix im vergangenen April die aktuell 70 Filialen übernahm.

Auch in Polen unterhält UTA eine Niederlassung; die erste Apotheke eröffnete die Ketten-Taskforce vor zwei Jahren. Im ersten Quartal 2008 kaufte auch Phoenix seine ersten 17 Apotheken.

Welche Rolle UTA tatsächlich für Phoenix spielt und vor allem in Zukunft spielen wird, ist offen. In anderen Ländern betreiben Phoenix-Töchter rund 1100 Apotheken. Über die Gründe für das vermutete Versteckspiel der Beteiligungsgesellschaften kann nur spekuliert werden: Wettbewerbsrechtliche oder steuerliche Motive sind ebenso denkbar wie das ehemalige Beteiligungsverbot in Ungarn.

Sollte UTA tatsächlich zu Merckle gehören, wird der angekündigte Treuhänder die Apotheken möglicherweise zum Pharmahandelskonzern ins Paket packen wollen. Ihn dürfte interessieren, warum die luxemburgische Holding seit Jahren hohe Verluste schreibt. 2007 lag das Minus bei 25 Millionen Euro.

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