Rezepturherstellung

Abschied von der omnipotenten Apotheke

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Berlin -

Der Apotheker in seiner Apotheke – das ist der Leitspruch der Pharmazeuten. Allerdings sollten auch Apotheker offen für Partner sein, finden Holger Gnekow, Enno Scheel und Dr. Alexander Schmitz. Beim Gehe-Apothekerforum im Rahmen des Hauptstadtkongresses Medizin und Gesundheit diskutierten die drei prominenten Pharmazeuten über die Zukunft der Patientenbetreuung – im Netzwerk.

Gnekow ist Inhaber von drei großen Apotheken in Hamburg und praktiziert bereits verschiedene Arten der Vernetzung: Ärzte und Notärzte, aber auch Patienten können auf einer Online-Plattform prüfen, ob Arzneimittel in den Warenlägern verschiedener Apotheken vorrätig seien. Auch nach Alternativen kann über die Plattform gesucht werden.

Auch die Vernetzung mit Ärzten, Pflegeheimen und Sanitätshäusern kann aus Sicht von Gnekow sinnvoll sein: Auf dem Online-Portal „Care Connector“ können Medikationspläne erstellt und gespeichert werden. Alle Beteiligten können dann auf diese Pläne zugreifen. Für solche zentralen Medikationspläne fordert Gnekow allgemeine Standards von der Berufsvertretung. Außerdem sollten sie für Apotheken verpflichtend sein.

Schließlich könnten sich auch Apotheken untereinander vernetzen, um die Herstellung von Rezepturen zentral zu organisieren. Analog zu der Spezialisierung bei Ärzten – schließlich gebe es etwa Augenärzte und Orthopäden – sollten sich auch Apotheken spezialisieren, fordert Gnekow.

Diese Vorstellung teilt Scheel, Mitinhaber der Hamburger Antares-Apotheken und des Herstellbetriebs Zytoservice. Ihm schwebt ein System spezialisierter Apotheken vor: Alle Apotheken sollten über notwendiges Basiswissen verfügen, und sich anschließend in verschiedenen Indikationen spezialisieren. Scheel, der dem Bundesverband der Rezeptur Herstellbetriebe (BRH) vorsitzt und Mitglied im Verband bundesweit tätiger Filialapotheker (V.Fil.Apo) war oder ist, sieht 25 Spezialisierungen, zum Beispiel in den Bereichen Geriatrie, Rheuma, Impfstoffe oder Ernährung. Wenn ein Patient in mehrere Bereiche fällt, könnten sich die entsprechend spezialisierten Apotheker abstimmen.

Schmitz ist Inhaber der Apotheke Seepassage in Dannenberg im Nordosten Niedersachsens. Auch er setzt auf Vernetzung: Eine Landapotheke kann aus seiner Sicht nicht mit allen Funktionen aufwarten – umso wichtiger sind für Schmitz seine Partner.

Schmitz kann durch die Kooperation mit Zytoservice einen einzelnen Onkologen und durch die Zusammenarbeit mit den klinikversorgenden Antares-Apotheken eine einzelne Klinik mit elf Rettungswagen beliefern. Außerdem greift er auf das Rezeptur-Know-how von Gnekows Apotheken zurück und nutzt deren Softwarenpassungen bei der Heimversorgung. „Ich kann diese Leistungen auch in der Fläche anbieten. Meine Apotheke ist die einzige geworden, die in diesen Dingen gefragt wird“, so Schmitz.

Die drei Apotheker sind im Alltag bereits stark vernetzt: Zytoservice beliefert beispielsweise die Apotheken von Gnekow, die Antares-Apotheken wiederum nutzen das Blisterzentrum MultiDos, an dem Schmitz und Gnekow beteiligt sind, und beliefern ihrerseits die Landapotheke mit Klinikware, mit der diese ein Krankenhaus in der Region versorgt. Außerdem gibt es eine Reihe verbundener Unternehmen.

Von dem Bild des omnipotenten Apothekers muss der Berufsstand sich aus Sicht der drei Pharmazeuten verabschieden. Die Gefahr einer Abhängigkeit oder gar einer „Apotheke light“ sehen sie nicht: „Die Kompetenz der Versorgung bleibt in der Vor-Ort-Apotheke“, betont Schmitz. Das Angebot werde aber erweitert, neue Leistungen kämen hinzu.

Kritisch sehen die Apotheker die Finanzierung der Leistungen: Verhandlungen mit den Krankenkassen gestalteten sich „sehr einsilbig“, moniert Scheel. Man müsse vielfach in Vorleistung gehen, so Gnekow. Das werde aber auf Dauer schwierig. Trotzdem forderte er dazu auf, den Mut zu haben, neue Leistungen voranzubringen und zunächst Patienten oder Heime für diese Leistungen zahlen zu lassen. Gnekow warnte davor, die Leistungen kostenlos zu erbringen. „Wir müssen den Mut haben, das von den Heimen einzufordern.“

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