Großbritannien

Steuerzahler: Apotheken-Beratung kostet zu viel

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Berlin -

Englands Steuerzahler sind über Beratungshonorare für Apotheker verärgert: Seit 2005 kassieren die Pharmazeuten pro Medikationscheck 28 Britische Pfund (umgerechnet rund 34 Euro). Aus Sicht des Bundes der Steuerzahler spülen die Gespräche in der Summe vor allem Geld in die Kassen der großen Ketten. Der Apothekerverband schlägt zurück und nennt die Studie ein „irreführendes Papier“.

Im Zentrum der Kritik stehen die so genannten Medicine Use Reviews (MUR), die in Apotheken einmalig und ausschließlich bei Arzneimitteln mit starken Nebenwirkungen durchgeführt werden. Die Apotheken werden dafür vom Nationalen Gesundheitsdienst (NHS) entlohnt; pro Apotheke und Jahr dürfen jedoch maximal 400 Reviews durchgeführt werden.

Aus Sicht des Steuerzahler-Bundes sind die Pharmazeuten überbezahlt: Eine Befragung unter Apothekern habe ergeben, dass für die Checks durchschnittlich fünf bis 15 Minuten benötigt würden. „Das bedeutet, dass der Apotheker einen Stundenlohn von bis zu 336 Pfund einstreichen kann“, heißt es. Hausärzte bekämen für Arzneimittelberatungen jährlich nur 64 Pfund.

Die verschreibenden Ärzte hätten außerdem bestätigt, dass sich die Adhärenz durch die Checks kein Stück verbessert habe. Dazu komme, dass der einzelnen Apotheker keine finanziellen Anreize habe: „Die Vorteile hat ausschließlich der Konzern.“ Die Apothekergewerkschaft hatte bereits vor vier Jahren kritisiert, dass die großen Ketten ihre Angestellten drängen, die Höchstzahl an Checks bis zur Erstattungsgrenze durchzuführen.

 

Tatsächlich geht das meiste Geld an Englands Apothekenketten: Laut Statistik hat Boots im vergangenen Jahr die meisten Checks abgerechnet (743.000) und mehr als 20 Millionen Pfund kassiert. An zweiter Stelle rangiert Lloydspharmacy mit 325.000 Reviews und 9,1 Millionen Pfund Honorar. Insgesamt habe der NHS den Apotheken 2011 mehr als 67 Millionen Pfund gezahlt.

Legt man den Berechnungen allerdings die Filialzahlen zugrunde, ergibt sich ein anderes Bild: Demnach werden in den Drogerieketten Boots und Superdrug sowie in den Apotheken der Phoenix-Tochter Rowlands unterdurchschnittlich viele Checks durchgeführt. Dagegen sind die unabhängigen Apotheken besonders häufig vertreten.

„Der Steuerzahler-Bund ist auf dem Holzweg“, kommentierte der Apothekerverband die Kritik. Mehr als 30 Prozent aller Patienten, die Checks wahrgenommen hätten, müssten nicht mehr regelmäßig zum Arzt. Die Reviews würden daher helfen, die Arzneimittelausgaben zu senken.

Die Politik scheint auf Seiten der Apotheker zu stehen: Erst kürzlich hat die Regierung den Apothekern für neuartige Arzneimittelberatungen mehr als 100 Millionen Pfund versprochen. Bei den so genannten „New Medicine Services“ (NMS) werden ausschließlich Patienten mit Asthma, COPD, Typ-2-Diabetes, Gerinnungsstörungen und Bluthochdruck beraten.

 

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