Costa Concordia-Unglück

Verdienstorden für Apothekerin

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Berlin -

Die Nacht auf den 14. Januar 2012 wird die Apothekerin Vittoria Celli nicht so schnell vergessen. In dieser Nacht havarierte quasi direkt vor ihrem Schaufenster das Kreuzfahrtschiff „Costa Concordia“. Gemeinsam mit einer Angestellten versorgte sie die ganze Nacht lang hunderte Touristen. Das italienische Gesundheitsministerium will den beiden Pharmazeutinnen nun einen Verdienstorden verleihen. Die Apothekenbesitzerin sieht das nüchtern und erklärt, ihr Einsatz sei eine Selbstverständlichkeit gewesen.

Die Costa Concordia gehörte zu den größten italienischen Kreuzfahrtschiffen: Mehr als 3000 Passagiere sowie rund 1000 Angestellte konnten auf ihr reisen. Am 13. Januar des vergangenen Jahres kollidierte das Schiff vor der Mittelmeerinsel Giglio mit einem Felsen und havarierte. Zum Unglückszeitpunkt waren mehr als 4200 Menschen an Bord, der Großteil davon Touristen aus Deutschland, den USA, Frankreich und Italien.

Nur etwa 50 Meter vom Hafen des Örtchens Giglio entfernt liegt die Apotheke von Celli auf einer kleinen Anhöhe. Es ist die einzige Apotheke im Ort und eine von dreien auf der Ferieninsel. „Als die Fähre gegen 21.30 Uhr am Hafen vorbei fuhr, war die Apotheke schon geschlossen“, so Celli. Erst eine Stunde später, als sich das Schiff zu neigen begann, hätten die rund 1400 Einwohner von Giglio die Tragweite der Katastrophe verstanden.

Die Wassertemperatur des Mittelmeers betrug zu dieser Jahreszeit etwa 15 Grad. Viele Menschen sprangen in Panik von Bord, verletzten sich an den Felsen. „Hunderte von Passagieren rannten panisch in den Ort hinein“, erinnert sich Celli.

Die Apothekerin reagierte, rief ihre Angestellte an und öffnete die Apotheke. Schnell hatte sie den eingeflogenen Notfallärzten signalisiert, dass sie die Menschen mit Arzneimitteln versorgen könne. „Wir gaben in erster Linie Beruhigungsmittel und Schmerzmittel ab“, so Celli.

Die Notfallversorgung ging aber über die Arzneimittelabgabe hinaus: Die beiden Apothekerinnen versorgten mehrere Kinder mit Wunden. „Es gab auch einige chronisch Kranke, die beispielsweise Insulin brauchten oder den Blutzuckerspiegel messen mussten.“

Am morgen kehrte Ruhe ein: „Die Touristen wurden noch in der Nacht auf Booten und mit Hubschraubern aufs Festland gebracht“, so Celli. „Am nächsten morgen war meine Apotheke komplett leer. Ich musste eine Großbestellung aufgeben.“ Als sie die Apotheke vor dem Unglück abends geschlossen hatte, seien die Regale glücklicherweise gut gefüllt gewesen.

Die Apothekerkammer hatte die beiden Pharmazeutinnen vor einigen Wochen für einen Verdienstorden des Gesundheitsministeriums vorgeschlagen, der regelmäßig für besondere Verdienste in der öffentlichen Gesundheit vergeben wird. Das Ministerium stimmte zu: Noch gibt es keinen genauen Termin für die Verleihung, Celli und ihre Kollegin haben die Einladung nach Rom aber schon erhalten.

Die Apothekeninhaberin will von all dem Trubel um ihre Person nichts Wissen. „Es ist klar, dass ein Pharmazeut in einer solchen Situation den Menschen helfen will. Das hätte jeder andere Heilberufler auch getan. Die Auszeichnung ist somit auch eine Auszeichnung für die Apotheke als solches.“

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