Griechenland

Apothekerin: Ich fürchte um mein Leben

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Berlin -

Totalausfall der Krankenversicherung, Medikamente nur gegen Barzahlung: Das griechische Gesundheitssystem, eben noch auf festen sozialstaatlichen Füßen, steht vor dem Kollaps. In den Straßen Athens ist es zwar ruhiger geworden, doch Frust, Angst und Verzweiflung sind allgegenwärtig. Die Ermordung eines Apothekers Mitte Juni war trauriger Höhepunkt einer dramatischen Entwicklung des krisengeschüttelten Landes. Die griechischen Pharmazeuten fürchten nicht nur um ihre Existenz, sondern auch um ihr Leben.

 

Der Apotheker war in der griechischen Hauptstadt bei einem Raubüberfall vor seiner Apotheke erschossen worden. Wenige Tage zuvor hatte der griechische Apothekerverband auf die verheerende Situation hingewiesen. Die Pharmazeuten forderten für die Krankenkasse EOPYY eine finanzielle Unterstützung.

Doch bislang hat sich nichts geändert: „Ich gebe seit einem Monat keine Medikamente mehr ab, wenn sie nicht sofort bezahlt werden können“, sagt die junge Apothekerin Katharina. Ihren Nachnamen will sie nicht nennen – aus Sicherheitsgründen.

Mit Schrecken erinnert sie sich an die Ermordung ihres Kollegen vor etwa zwei Wochen: „Ich habe Angst, dass mir etwas ähnliches passiert. Seitdem gehe ich nicht mehr mit Taschen auf die Straße“, sagt sie. „Jemand der nichts hat, wird auch nicht sofort ausgeraubt.“ Dass sie selbst nichts hat, zeigen ihre Bücher: Seit Wochen verbuche sie keinen Gewinn mehr. „Mein ganzes Einkommen geht momentan in Rechnungen“, klagt die 27-Jährige.

 

 

Vor einem Jahr hatte sie ihr Pharmaziestudium erfolgreich abgeschlossen und ihre eigene Apotheke in Athen eröffnet. Damals war sie voller Hoffnung. Nun steht sie am Rande des Ruins. „Es ist traurig, aber ich bin in einer besseren Situation als andere. Ich habe keine Familie zu versorgen“, sagt sie. Ihre Karriere habe sie sich anders vorgestellt. „Aber ich gebe nicht auf. Ich will arbeiten – das ist meine Kraft.“

Nach der Parlamentswahl hoffe sie, dass die neue Regierung um den konservativen Ministerpräsident Antonis Samaras etwas ändern werde. „Wir müssen sparen, aber die Einschränkungen sind zu hart“, kritisert Katharina. Die Menschen seien erschöpft, und die Kriminalität steige stetig. „Die Regierung muss den Sparkurs verlangsamen, um die Sicherheit zu gewährleisten“, fordert sie.

In ihrer Apotheke erlebt sie täglich den Ärger und Verzweiflung der Kranken: „Meine Kunden sind wütend, aber nicht auf mich, sondern auf die Regierung“, klagt sie. „Ich bin nicht geizig, ich kann wirklich keine Arzneimittel verschenken. Auch ich muss sie bezahlen“, sagt die junge Frau. Noch könne ein Teil ihrer Kunden die Medikamente aus eigener Kasse zahlen. Doch viele hätten selbst nichts mehr.

Waren es zu Krisenbeginn auch viele Patienten mit geringen Beschwerden, sind es jetzt medizinische Notfälle. „Mir tun die Menschen sehr leid“, sagt Katharina. Sie gebe die Hoffnung nicht auf, bald wieder Medikamente ohne Sofortkasse abgeben zu können.

 

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