Mit Blick auf den Herbst

Corona-Impfung: Steigende Impflücken durch fehlende Nachfrage

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Berlin -

Im Herbst könnte es, aufgrund der für viele Personen empfohlenen zweiten Booster-Impfung, zum erneuten Anstieg der Impfzahlen kommen. Aktuell wird kaum noch geimpft. Bei den Spritzen, die gesetzt werden, handelt es sich zumeist um die zweite Booster-Impfung. Das Robert Koch-Institut hat in seinem aktuellen Bericht zum Impfgeschehen erneut auf die Bedeutung und Effektivität der Auffrischimpfung hingewiesen.

Zu Beginn der Impfungen Ende Dezember 2020 war klar, dass zunächst nur sehr vulnerable Gruppen wie Personen über 80 Jahren und Bewohner:innen von Pflegeheimen eine Immunisierung erhalten konnten. Im Frühling 2021 waren mehr Impfdosen verfügbar, sodass auch Personal des Gesundheitswesens und weitere Chroniker geimpft werden konnten. Ab dem frühen Sommer konnten sich dann nahezu alle Personen ab 18 Jahren impfen lassen. Hier verzeichnet das RKI auch den ersten großen Andrang auf die Impfzentren.

Zwei Höhepunkte – weiterer steht aus

Die Impfkampagne verzeichnete zwei Höhepunkte: Im Juni 2021 erreichte die Kampagne mit 25 Millionen Impfungen an 53.000 Impfstellen erstmals einen Höhepunkt. Der zweite folgte im Dezember 2021 – hier standen die Booster-Impfungen von der großen Anzahl der im Sommer geimpften Bürger:innen an. In 55.400 Impfstellen wurden in diesem Monat 27 Millionen Impfungen durchgeführt. Obwohl seit Januar 2022 durch die die Einbeziehung neuer Leistungserbringer (Apotheken und Zahnärzt:innen) die Anzahl der Impfstellen ausgebaut wurde und ein neues niederschwelliges Angebot eröffnet wurde konnte der rückläufige Trend bei den Immunisierungen bisher nicht gestoppt werden, so das RKI.

Impfen in Zahlen (Stand 4. Juli)

  • 182.904.868 Impfungen insgesamt
  • 66.701 Impfstellen; 2742 Impfungen pro Impfstelle
  • 85,2 Prozent sind grundimmunisiert (Erwachsene)
  • 71,9 Prozent sind einmalig geboostert (Erwachsene)
  • 8,4 Prozent sind doppelt geboostert (Erwachsene)
  • 9,2 Millionen Bürger:innen über 18 J. sind ungeimpft
  • 9,2 Millionen Bürger:innen über 18 J. benötigen die dritte Impfung
  • 46,2 Prozent der Kinder ab 5 Jahren sind einmal geimpft (5 – 17 J.)
  • 42,9 Prozent der Kinder ab 5 Jahren sind grundimmunisiert (5 – 17 J.)
  • 5,3 Millionen Kinder ab 5 Jahren sind ungeimpft (5 – 17 J.)

Ein immer wiederkehrendes Problem der Impfkampagne waren die sich stetig ändernden Impfempfehlungen. Sätze wie „Alle wollen nur noch Biontech“ rührten daher, dass das Auftreten seltener Nebenwirkungen zur Ablehnung in der Bevölkerung führte. Das bekamen vor allem die Hersteller der Vektorimpfstoffe zu spüren. Der relativ früh verfügbare Impfstoff Vaxzevria von AstraZeneca durfte zunächst für alle Personen über 18 Jahre, dann für Personen über 60 Jahren und dann eigentlich gar nicht mehr eingesetzt werden – zumindest spielt das Vakzin seit Monaten keine Rolle mehr in Deutschland und kann aktuell von den Apotheken nicht mehr bestellt werden. Am 9. November konnten Apotheken ein letztes Mal Vaxzevria bestellen.

Impfstoffbestellungen übersteigen Bedarf

In der Praxis führten diese Empfehlungen, zu so viel Unsicherheit bei den Bürger:innen, dass Impftermine für eine Immunisierung mit Spikevax, Vaxevria oder Jcovden erst gar nicht gemacht, oder eben abgesagt wurden und die Impfdosen schlussendlich verworfen werden mussten. Dazu kamen die Empfehlungen vieler Ärzt:innen, die bei den meisten Patientengruppen lieber auf einen der beiden mRNA-Impfstoffe zurückgreifen wollten. Im November 2021 kam es auch hier zu einer geänderten Impfempfehlung: Nur noch Menschen über 30 Jahren sollten das Vakzin von Moderna erhalten. Zu den Hochzeiten der Booster-Phase führte das vielerorts dazu, dass Menschen über 30 Jahren nur noch Spikevax erhalten konnten – Comirnaty war ein zweites Mal knapp. Zusammen mit den zahlreichen Problemen bei der Ausstellung der Impfzertifikate – hier waren es vor allen Janssen-Geimpfte, die Probleme hatten einen vollständigen Impfschutz auf Papier zu erhalten – sank die Impfnachfrage seit Januar kontinuierlich. Der bestellte Impfstoff wurde nicht mehr gebraucht. Die Zulassung von Novavax führte nicht zu einem Anstieg der Erstimpfungen. Der proteinbasierte Impfstoff wurde zum Ladenhüter.

Anteil der tatsächlich verimpften Impfdosen je Impfstoff (Auslieferung bis KW 26/2022; Impfung bis 3. Juli)

  • Comirnaty (Biontech): 91 Prozent
  • Spikevax (Moderna): 87 Prozent
  • Vaxzevria (AstraZeneca): 89 Prozent
  • Jcovden (Janssen): 69 Prozent
  • Nuvaxovid (Novavax): 8 Prozent

Impfdurchbrüche: Steigende Fallzahlen und Unsicherheit

Mit der Zeit wurde von immer mehr Impfdurchbrüchen berichtet. Zum einen lag das daran, dass der Impfschutz der bisherigen Impfstoffe gegenüber den neuen Varianten nicht mehr so gut ist, zum anderen war es ein rein statistisches Problem: Fragen wie „Wie lässt sich erklären, dass es mit steigender Impfquote zu immer mehr Impfdurchbrüchen kommt?“ und „Warum steigende Zahlen von Impfdurchbrüchen kein Zeichen für fehlenden Impfschutz sind“ beschäftigten die Bürger:innen.

Impfdurchbrüche in Zahlen

Bei 86 Prozent aller Covid-Infektionen war der Impfstatus bekannt (MW 05/2021 bis 23/2022)

  • 2.062.072 symptomatische Impfdurchbrüche insgesamt
  • 1.024.475 Impfdurchbrüche bei Ü18 mit Grundimmunisierung
  • 903.049 Impfdurchbrüche bei Ü18 mit Boosterimpfung
  • 75.954 Impfdurchbrüche bei 12- bis 17-Jährigen mit Grundimmunisierung
  • 28.313 Impfdurchbrüche bei 12- bis 17-Jährigen mit Boosterimpfung
  • 26.943 Impfdurchbrüche bei 5- bis 11-Jährigen mit Grundimmunisierung
  • 2439 Impfdurchbrüche bei 5- bis 11-Jährigen mit Boosterimpfung

Bedeutung der Impfung: Trotz steigender Impfdurchbrüche hält das RKI bis heute fest, dass der kleine Anteil der ungeimpften Bevölkerung einen verhältnismäßig großen Teil der Covid-19-Fälle mit schwerem Verlauf stellt.

Aktuell empfiehlt das RKI allen Bürger:innen eine Grundimmunisierung und eine Auffrischimpfung mit einem der zugelassenen Impfstoffe. Für Kinder ab 5 Jahren und Schwangeren sollte ausschließlich Comirnaty verwendet werden. Eine zweite Auffrischimpfung wird bisher Bürger:innen über 70 Jahren, Bewohner:innen von Pflegeheimen, Angestellten im Gesundheitswesen und Personen mit Immundefizienz empfohlen. Nun könnte die Empfehlung auf alle über 60 Jahre ausgeweitet werden. Die EU-Gesundheitsbehörde ECDC und die europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) haben sich für eine zweite Booster-Impfung für alle ab 60 Jahre ausgesprochen.

Von den 39.000 Impfungen, die am vergangenen Freitag (8. Juli) verabreicht wurden, entfielen nur 2000 auf die Grundimmunisierung. 36.00 Impfdosen wurden im Rahmen von Auffrischimpfungen verabreicht.

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