Diebstahl

Bareinzahlung: PKA macht Kasse

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Berlin -

Über ein Jahr lang wurde ein Apotheker aus Berlin von seiner PKA bestohlen. Sie entwendete Bargeld, klaute Waren und betrog bei der Arbeitszeit. Trotzdem konnte sie ihr Unwesen relativ lange treiben – weil schlichtweg niemand glauben konnte oder wollte, was die Zahlen nahe legten. Das große Vertrauen im Team machte es ihr leicht, Chef und Angestellte gegeneinander auszuspielen. Jetzt hat der erste Prozess begonnen.

Als sich die PKA auf den Job bewarb, klang alles gut. „Sie machte einen positiven Eindruck, mütterlich und kompetent zugleich“, erzählt der Apotheker, der wegen des laufenden Verfahrens nicht namentlich genannt werden möchte. Sie habe ihre Arbeitszeugnisse dabei gehabt; diese seien nicht so schlecht gewesen, dass man misstrauisch hätte werden müssen. Das letzte Arbeitszeugnis habe gefehlt. „Sie sagte, man sei nicht ganz glücklich auseinander gegangen – auch das nichts Unübliches“, so der Apotheker. Der Gesamteindruck habe gepasst – und man habe dringend eine Schwangerschaftsvertretung gebraucht.

Ein halbes Jahr nachdem die PKA bei ihm angefangen hatte, meldete sich das Steuerbüro: Beim Kassenbestand gebe es Ungereimtheiten. Wie es dazu gekommen war, konnte man dem Apotheker nicht sagen. Der hatte zunächst das neue Warenwirtschaftssystem im Verdacht, das kurz zuvor installiert worden war und mit dem es ohnehin Probleme gab. „Da passte es ins Gefüge, dass auch beim Kassenstand etwas nicht passte“, erzählt der Apotheker.

Auch der Anbieter selbst hielt das anscheinend nicht für unwahrscheinlich und prüfte lange, wie die Unregelmäßigkeiten zustande gekommen waren. Letztlich wurde sogar ein externes Unternehmen eingeschaltet. Erst Monate später war klar, dass es nicht an der Warenwirtschaft lag. Daraufhin musste sich erneut das Steuerbüro mit dem Fall beschäftigen. Die Steuerberaterin äußerte schließlich erstmals den bis dahin unausgesprochenen Verdacht, dass jemand in die Kasse greife.

Dass das Treiben der PKA lange unentdeckt bliebt, hing auch damit zusammen, dass die Bilanz stimmte: Die Bankeinzahlungen deckten sich mit den Buchungen. Es schien lediglich zu viel Geld in der Apotheke zu bleiben. „Das Geld wurde offenbar abgezwackt, bevor es für die Bank fertig gemacht wurde“, weiß der Apotheker heute.

Die Einzahlungen bei der Bank übernahmen damals zwei Mitarbeiterinnen, vorbereitet wurden sie ausschließlich von den Apothekerinnen. Die PKA sagte ihnen, dass der Chef sie damit beauftragt habe, die Einzahlung ebenfalls vorzubereiten – und sie fragten nicht nach. In den meisten Fällen ging die PKA das Geld auch allein bei der Bank einzahlen, entgegen der Anweisung und mit dem Hinweis auf einen vermeintlichen Auftrag vom Chef.

Als das Steuerbüro den Verdacht ausgesprochen hatte, war die Sache schnell klar: Ein Abgleich mit dem zusätzlichen handschriftlich geführten Kassenbuch bewies, was passiert war – und ein Blick auf Urlaubs- und Krankentage machte deutlich, wer sich an den Finanzen zu schaffen gemacht hatte.

Nach und nach wurde das Ausmaß des Schadens deutlich: „Sie hat alles Mögliche gestohlen: Kosmetik, Vitamine, Kopfschmerztabletten, Desinfektionsmittel, Stomaartikel für ihren angeblich kranken Mann – aber auch Waren des täglichen Bedarfs, wie etwa Kaffee oder Tütensuppen“, zählt der Apotheker auf. Außerdem zweigte sie mehrere zehntausend Euro Bargeld ab. Den Arbeitszeitbetrug schätzt er auf zwei bis drei Stunden pro Monat.

Als der Apotheker dann mit den früheren Arbeitgebern der PKA sprach, wurde offensichtlich, dass alle dasselbe erlebt hatten: gestohlenes Geld, geklaute Waren und Arbeitszeitbetrug. „In einer Apotheke hat sie selbst Toilettenpapier mitgehen lassen“, erzählt der Apotheker. Sie sei auch strafrechtlich mehrfach in Erscheinung getreten, hörte er von den ehemaligen Arbeitgebern.

Immer wieder wurden auch andere Angestellte Opfer der PKA. „In einer Apotheke wurde sie dabei erwischt, wie sie Geld aus dem Portemonnaie einer Kollegin nahm“, so der Apotheker. „Und das war kein Einzelfall: Da immer wieder Geld in den Brieftaschen fehlte, stellte man ihr in dieser Apotheke eine Falle.“ Er muss davon ausgehen, dass auch seine Angestellten betroffen waren. Besonders ärgerlich: „Eine Kollegin erinnert sich jetzt daran, wie sie der PKA eine Creme geschenkt hat, die sie sich angeblich nicht leisten konnte – das trifft unsere Mitarbeiter noch einmal mehr“, erzählt er.

Als die PKA in eine Filiale versetzt wurde, hörten zumindest die Bargeld-Diebstähle auf. Anders als in der Hauptapotheke ging man hier mit der Dokumentation und den Bankeinzahlungen generell anders um, sodass Manipulationen aufgefallen wären. Inzwischen wurde der Mitarbeiterin gekündigt. Gegen sie laufen sowohl Strafermittlungen durch das Landeskriminalamt als auch ein arbeitsgerichtlicher Prozess.

Rückwirkend muss der Apotheker einsehen: „Das System in der Hauptapotheke war lückenhaft – aber es hat jahrzehntelang gut funktioniert.“ Das etwas andere System in der Filiale hatte dort Schlimmeres verhindert. Trotzdem setzt der Apotheker auch weiterhin auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit seinem Team. „Anders geht es gar nicht“, findet er. Schließlich könne man kaum verhindern, wenn jemand in die Kasse greife. „Das Team und auch ich sind sehr geschockt, dass uns so etwas passierte. Wir stehen das jedoch erhobenen Hauptes durch.“

Enttäuscht ist der Apotheker von den Arbeitszeugnissen: „Die sind zu nichts zu gebrauchen“, so sein Fazit. Denn obwohl die früheren Arbeitgeber der PKA ebenfalls bestohlen worden seien, hätten sie keinen Hinweis darauf in das Zeugnis geschrieben. Und selbst wenn die PKA vorbestraft gewesen wäre, hätte er nichts davon gewusst. Nach den jüngsten Erfahrungen wünscht er sich eine Art Führungszeugnis für Apothekenmitarbeiter, das bei den Kammern geführt werden könnte.

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