Rezeptaktion

Ärger um OTC-Hausliste

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Berlin -

Gut gemeinte Aktion oder verbotene Absprache? In Hessen hat eine geplante Kooperation zwischen Apothekern und Ärzten für Unruhe gesorgt. Über eine Hausliste sollten bedürftige Patienten bestimmte OTC-Arzneimittel in teilnehmenden Apotheken günstiger kaufen können. Der Hessische Apothekerverband (HAV) und die Kammer des Landes protestierten, der Chef der Ärztegruppe fühlt sich missverstanden.

Hinter der Idee steht die Gruppe PriMa – Prävention in Marburg, ein Zusammenschluss von Haus- und Fachärzten im Landkreis Marburg-Biedenkopf. Der Vorsitzender Dr. Hartmut Hesse hatte alle Apotheken im Landkreis angeschrieben, ob sie sich an der Aktion beteiligen wollen.

Im Gespräch mit Apothekern sei die Idee entstanden, nicht erstattungsfähige Erkältungsmittel über ein besonderes Rezept zu verordnen, heißt es in dem Brief. Die teilnehmenden Apotheken sollten diese OTC-Produkte dann zum halben Preis verkaufen. Auf dieser „Hausliste“ waren 77 Präparate, darunter Hustenlöser, Tees, Halspastillen, Nasenspray und Fiebersenker verschiedener Hersteller.

Die PriMa-Ärzte sollten die besonderen Rezepte samt Hausliste und einer Auflistung der teilnehmenden Apotheken erhalten. Die Aktion sollte laut Schreiben Versicherten zugute kommen, „die finanziell nicht auf Rosen gebettet“ seien. Bislang hätten sechs Apotheker ihre Bereitschaft zur Teilnahme erklärt, schrieb Hesse. Die Aktion sollte zudem zeitlich begrenzt sein. Eigentlich wollten die Ärzte am vergangenen Freitag auf ihr Projekt aufmerksam machen.

Doch mehrere Apotheker hatten sich beim Verband oder der Kammer beschwert. Der HAV-Vorsitzende Dr. Peter Homann hatte Hesse daraufhin aufgefordert, von der Aktion Abstand zu nehmen, sofern Apotheken beteiligt seien. „Die von Ihnen dargestellten Maßnahmen werden sowohl wettbewerbs-, kartell- als auch berufsrechtliche Probleme für die beteiligten Apotheker und Ärzte nach sich ziehen“, begründet Homann.

Der Verband erwartet außerdem rechtliche Probleme mit der Industrie, weil die „Hausliste“ nicht alle Hersteller von Produkten gegen Erkältungskrankheiten beinhalte. Zudem seien Produkte gelistet, die für Kinder bis zum zwölften Lebensjahr erstattungsfähig seien. Einige Kassen wie die TK bezahlten die Produkte sogar teilweise für ihre Versicherten.

Die Landesapothekerkammer Hessen ging noch energischer vor. Die Rechtsabteilung der Kammer verweist darauf, dass Absprachen zwischen Ärzten und Apothekern unzulässig seien, wenn bestimmte Arzneimittel bevorzugt würden. Auch die Zuführung von Patienten oder die Zuweisungen von Verschreibungen seien verboten. Preisabsprachen verstoßen laut Kammer zudem gegen das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen.

„Sollten Sie trotzdem die geplanten Preisabsprachen herbeiführen, kann dies Ansprüche auf Unterlassen oder Schadenersatz nach sich ziehen“, so die unmissverständliche Ansage der Kammer. Auch die Kartellbehörden könnten sich für den Fall interessieren und gegebenenfalls Bußgelder verhängen, heißt es in dem Schreiben.

PriMa-Chef Hesse hat reagiert und erklärt, die Aktion wie gefordert nicht durchzuführen. In seinem Schreiben zeigt er sich enttäuscht, dass sich Kammer und Verband nicht genauer über die Aktion informiert hätten. In Anlehnung an die Idee der bundesweit agierenden Tafeln habe man armen Menschen helfen wollen, sich nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel zu besorgen. Die Apotheken hätten die Produkte der „Hausliste“ ohne finanziellen Verlust abgegeben, erklärt Hesse.

Damit es sich nicht um die Aktion Einzelner handele, habe man bewusst alle Apotheken im Landkreis angeschrieben. „Uns war die gemeinsame Hilfe wichtig und wir waren wohl zu naiv um nicht zu erkennen, gegen was man alles verstoßen kann, wenn man helfen will“, schreibt Hesse. Nun will sich PriMa neue Gedanken machen.

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