Kommentar

Pick-up ist schwarz-gelb

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Berlin -

Jede Gesetzesänderung, die Pick-up-Stellen auch nur ein Haar krümmt, muss gut begründet sein. Denn nur ein überragendes Gemeinwohlinteresse rechtfertigt aus Sicht des Bundesjustizministeriums einen Eingriff in die Berufsfreiheit. Wozu sollte eigentlich jemand die Freiheit haben, gänzlich unkontrolliert von den Aufsichtsbehörden überall Rezepte zu sammeln und Arzneimittel zu in Deutschland illegalen Preisen unters Volk zu bringen? Allmählich entwickelt man Verständnis für Apotheker, die sich selbst zur Pick-up-Stelle machen. Die können zumindest die Genugtuung verspüren, den Staat um seine Steuereinnahmen zu betrügen, wenn schon sonst nichts passiert.

 

Schwarz-Gelb hatte im Koalitionsvertrag mit sehr deutlichen Worten ein Pick-up-Verbot angekündigt. Dass ist jetzt zweieinhalb Jahre her, und so lange hat die Regierung nichts hinbekommen, außer immer wieder bei ausgerechnet der Lobbygruppe um eine Lösung zu betteln, die von einer Gesetzesänderung direkt betroffen wäre. Das ist beschämend. Wenn man als Regierung ein politisches Versprechen gibt, dann muss man auch intellektuell dazu in der Lage sein, es einzuhalten.

Aber anscheinend hat sich bei Union und FDP vorab niemand ernsthaft Gedanken um das Thema gemacht. Anders ist die politische Leichtsinnigkeit nicht zu erklären, ein Pick-up-Verbot überhaupt anzukündigen. Damit hat sich Koalition zuerst den Vorwurf der Klientelpolitik eingehandelt -- nur um diese Wählergruppe seither systematisch zu verprellen. Hätten die Grünen nicht eine so kettenbelastete Vergangenheit und wäre die SPD mit ihrem Leitantrag etwas weniger bräsig aufgetreten, sähe es für Schwarz-Gelb in der Offizin noch schlimmer aus.

Jetzt zitiert das BMJ in seinem Brief an das BMG auch noch Beiträge von APOTHEKE ADHOC, die sich mit dem Ende von ganz absurden Pick-up-Konzepten beschäftigt hatten. Staatssekretär Dr. Max Stadler (FDP) erlaubt sich den Hinweis, so schlimm könne das mit den Auswüchsen ja nicht sein. Daraus zu schließen, dass es für die institutionalisierten Pick-up-Modelle der Drogerieketten auch keine Regeln braucht, wirft Fragen auf.

Oder stimmt es nicht nachdenklich, mit welcher Verbissenheit das Bundesbedenkenministerium an Pick-up-Stellen festhält. Wenn die Regierung bei jedem Gesetzgebungsverfahren eine derart kritische Folgenabschätzung durchführen würde, könnte das Bundesverfassungsgericht ein paar Richter freistellen.

 

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