Kommentar

Ohne Rücksicht auf Verluste

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Die Apotheken brauchen den Großhandel, und die Hersteller brauchen ihn auch - jedenfalls heute noch. Die Großhändler wollen auch in Zukunft gebraucht werden. Deshalb haben sie ein Modell vorgelegt, das sie schützt und das vermutlich die anderen bezahlen. Von den Herstellern holen sie sich den Direktvertrieb zurück und von den Apotheken die Rabatte.

Die Großhändler wissen, dass das Vollsortiment ihre längste Waffe ist - wirtschaftlich wie politisch. Den Firmen kommt nicht nur zugute, dass der Belieferungsanspruch aus der EU-Richtlinie überfällig war. Die Vorschläge sind vielmehr so miteinander verzahnt, dass sie nur als Paket funktionieren. Deshalb hat die Regierung das Phagro-Maßnahmenpaket auch komplett aufgegriffen.

Man kann den Großhändlern nicht vorwerfen, der AMG-Novelle ein Instrument zur Beendigung der Rabattschlacht unterzuschieben. Der Fixzuschlag lässt sich nämlich leicht strukturell begründen: Als Fessel für die Hersteller taugt er nur, wenn er nicht weitergegeben werden kann. Dass das Instrument gleichzeitig den Apothekenrabatt deckelt, ist vielmehr eine erwünschte Nebenwirkung.

Dass laut Phagro-Rechnung nur 3 Prozent Handelsmarge übrig bleiben, wenn der Vorschlag für die Kassen kostenneutral sein soll, dürften die Großhändler zumindest billigend in Kauf genommen haben. Mit der Preisgarantie pro Packung wird es deutlich gemütlicher für die Firmen - auch in den Verhandlungen mit den Apotheken.

Auf Einkaufsvorteile hat niemand einen Anspruch, heißt es aus den Reihen der Großhändler: Rabatt gegen Leistung. Gerade nach dem überhitzten Konditionenwettbewerb bietet sich den Großhändlern die Chance, das schwierige Unterfangen der Rabattkürzung anzugehen. Die Argumente liefert der Gesetzgeber.

In einer politischen Welt, in der Apothekenrabatte unerwünscht sind, sind Konditionenkürzungen kein Thema. Wer mit seinem eigenen Honorar nicht auskommt, muss eben selber nachverhandeln. Nur einen Vorteil hätte das Phagro-Modell für die Apotheken: Wenn Großhändler Anspruch auf ein festes Honorar haben, dürfte die politische Diskussion um Höchstpreise für Apotheken ein für allemal vom Tisch sein.

Gesundheits- und Wirtschaftsministerium werden den Fixzuschlag wohl noch drücken, die vorgesehene Marge von 3 Prozent aber kaum nach oben korrigieren. Vielleicht haben die Großhändler Ulla Schmidt sogar die Blaupause für ein weiteres Kostendämpfungsgesetz geliefert.

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