Vertragsdetails übersehen

Kein zusätzlicher Impfstoff: Sechste Dosis wird eingepreist

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Berlin -

Im Zusammenhang mit dem Engpass beim Corona-Impfstoff werden immer neue peinliche Details bekannt. So bringt die Entnahme der sechsten Dosis aufgrund der Verträge keine Entspannung. Und es gibt noch keine feste Zusage für weitere Lieferungen.

Wie Spiegel und Focus berichten, ist in den Verträgen mit Biontech und Pfizer die Lieferung einer bestimmten Anzahl an Dosen vorgesehen. Nachdem die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) die Entnahme einer sechsten Dosis genehmigt hat, hofften die Verantwortlichen also, mehr Menschen impfen zu können: „Das kann die Zahl der zur Verfügung stehenden Impfdosen um bis zu 20 Prozent erhöhen“, so Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU).

Doch die beiden Hersteller haben den Berichten zufolge offenbar beschlossen, die Menge an gelieferten Vials aufgrund der zusätzlichen Dosis entsprechend zu kürzen. „Wir halten unsere Lieferverpflichtungen gegenüber den Staaten ein“, wird Pfizer von Focus zitiert. Biontech räumt gegenüber dem Spiegel ein, die sechste Dosis seit der Genehmigung durch die EMA zu berechnen. Noch im Dezember habe eine Sprecherin versichert: „Wir berechnen die sechste Dosis nicht.“

Doch davon wolle man jetzt offensichtlich nichts mehr wissen, so Focus. „Die sechste Dosis wird berechnet, was mit Blick auf die Aussagen von Spahn wohl anstatt einer um 20 Prozent höheren Liefermenge des Impfstoffes nun eine um 20 Prozent höhere Rechnung für die Besteller ergeben dürfte – ein Bumerang für Jens Spahn“, schreibt Focus dazu. Und im Spiegel-Beitrag heißt es: „So könnte die Steigerung auf sechs Dosen pro Ampulle letztlich die Hersteller finanziell ­profitieren lassen, da sie ihre Lieferpflichten schneller erfüllt hätten und den restlichen Impfstoff weiterverkaufen könnten.“ Die bessere Ausnutzung der Ampullen könnte den aktuellen Engpass nur beseitigen, wenn die Hersteller das Plus freiwillig und kostenlos an die EU weitergäben.

Spahn sei daher „vom guten Willen Biontech/Pfizers abhängig“, wird der SPD-Europaabgeordnete Tiemo Wölken zum „Spiegel“. „Ich hoffe sehr, dass der zusätzliche Gewinn schnellstmöglich in den Ausbau der Produktionskapazitäten investiert wird.“ Die Fehlerliste von Spahn werde immer länger, kritisiert auch Michael Theurer, stellvertretender Vorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion. „Von einer generalstabsmäßigen Planung und Durchführung kann nach dem offensichtlichen Impfdesaster schon lange keine Rede mehr sein.“

Der Tagesspiegel berichtet derweil ebenfalls von einem „Rückschlag für Spahn“: Anders als bislang öffentlich vom Bundesgesundheitsministerium kommuniziert, gebe es derzeit gar keine „gesicherte Option auf weitere 30 Millionen Dosen national“, sondern nur Vorverträge. Biontech und Pfizer hätten bislang keine festen Zusagen, gehe aus der Antwort von Staatssekretärin Sabine Weiss (CDU) auf eine Schriftliche Anfrage des FDP-Bundestagsabgeordneten Wieland Schinnenburg hervor.

Diese „Memorandums of Understanding“ wurden laut der Antwort auf Schinnenburgs Anfrage mit Biontech/Pfizer geschlossen, allerdings sei die „Umsetzung dieser Absichtserklärungen in verbindliche Bestellungen“ noch „Gegenstand laufender Verhandlungen“. Das gleiche gelte für zusätzliche Dosen von Curevac und IDT.

Schinnenburg wirft Spahn laut Focus vor, versäumt zu haben, Vorverträge frühzeitig in feste Bestellungen umzuwandeln. „Nun ist es zu spät.“ Dei Vorverträge seien jedenfalls „heute kaum das Papier wert, auf dem sie gedruckt sind“. Spahn müsse nun auf „schnellere Lieferungen drängen, notfalls auch mit einem Preisaufschlag. Nur so kann die Impfkampagne vernünftig durchgeführt werden.“

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