Studienergebnisse

IQWiG wirft Pfizer Irreführung vor

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Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) kritisiert in einem aktuellen Vorbericht zur Wirksamkeit verschiedener Antidepressiva den Pharmahersteller Pfizer. Der Konzern habe trotz wiederholter Aufforderung Informationen zur Wirkung des Antidepressivums Edronax (Reboxetin) zurück gehalten, teilte das Institut mit. Das IQWiG hatte bislang unveröffentlichte Daten zur Nutzenbewertung des Präparates angefordert. Pfizer wies die Vorwürfe als nicht nachvollziehbar zurück.

Das Antidepressivum wurde nach Informationen des IQWiG in mindestens 16 Studien getestet, von neun Untersuchungen fehlten den Wissenschaftlern zufolge jedoch zentrale Informationen zum Abschneiden von Reboxetin. Dadurch könne es zu einer verzerrten Bewertung kommen. „Irreführung durch Verschweigen ist kein Kavaliersdelikt“, sagte IQWIG-Chef Professor Dr. Peter Sawicki. Dem Institut lagen eigenen Angaben zufolge nur Daten für rund 1600 Patienten vor, obwohl an den Studien 3000 weitere Patienten teilgenommen hatten.

Pfizer bekräftigte, all diejenigen Daten, die sich aus Sicht des Konzerns für eine Nutzenbewertung von Edronax auch im Vergleich zu anderen Arzneimitteln eignen, zur Verfügung gestellt zu haben. Ein Zurückhalten von Studiendaten zum Nachteil von Ärzten und Patienten sei „nicht erkennbar“. Außerdem sei Edronax ein älteres Präparat, das nur noch bei einem kleinen Teil der Patienten eingesetzt werde.

Das Urteil des IQWiG fällt entsprechend deutlich aus: Aus den derzeit vorliegenden Daten gehe kein Beleg für einen Nutzen einer Behandlung mit Reboxetin hervor. Diese Einschätzung könnte für Pfizer unangenehme Folgen haben: Gibt es für ein Mittel keinen Nutzenbeleg, kann der gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) es letztlich aus dem Leistungskatalog der Kassen streichen.

Auch der Hersteller Essex Pharma ist laut IQWIG Informationen zu Mirtazapin schuldig geblieben. Nur 27 von 31 potenziell relevanten Studien seien für die Analyse zur Verfügung gestellt worden. Mirtazapin bessert Depressionen demnach; die Aussichten auf Heilung seien aber nicht größer als unter Placebo. Zudem hätten Patienten die Behandlung oft wegen Nebenwirkungen abbrechen müssen. Wegen der fehlenden Daten gelten diese Einschätzungen bislang unter Vorbehalt.

GlaxoSmithKline stellte für Bupropion den Angaben zufolge alle Daten vollständig bereit. Für diesen Wirkstoff ergaben sich dem Bericht zufolge im Vergleich mit Placebo in der Akuttherapie und zur Vorbeugung eines Rückfalls in eine so genannte Winterdepression Belege für einen Nutzen.

Das Publikationsverhalten der Hersteller stand schon öfter in der Kritik des IQWiG. Das Institut fordert nun eine europaweite gesetzliche Verpflichtung zur Veröffentlichung der Ergebnisse klinischer Studien, wie sie in den USA seit 2008 bestehe. Die Maßnahmen, die in Deutschland und Europa weitgehend auf freiwillige Lösungen setzen, reichen nach Ansicht des IQWiG nicht aus.

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