Kommentar

Dr. Philipp Pflegeleicht

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Als Dr. Philipp Rösler (FDP) am 29. Oktober das Zepter von Ulla Schmidt (SPD) übernahm, beruhigte er seine neuen Mitarbeiter im BMG mit folgendem Satz: „Ich gelte eigentlich als pflegeleicht.“ Tatsächlich gilt Rösler als humorvoll und umgänglich. Doch hinter seiner stets freundlichen Art kann Rösler auch hart sein. So wie die schon legendäre Pritsche im Hinterzimmer seines Büros.

Zunächst war vor allem bei den Herstellern die Euphorie einigermaßen groß, als das BMG an die als pharmafreundlich geltende FDP fiel. Es bestand viel Grund zur Hoffnung, zumal Schwarz-Gelb bereits im Koalitionsvertrag angekündigt hatte, die Kosten-Nutzen-Bewertung und die Rabattverträge zu überprüfen. Dass überprüfen nicht gleich abschaffen ist, muss die Branche in diesen Tagen schmerzhaft erfahren. Denn der unterfinanzierte Gesundheitsfonds brachte Rösler schneller unter Druck als erwartet; auch wenn ihm die angekündigte Regierungskommission ein bisschen Zeit verschaffte.

Die Rufe nach Spargesetzen werden lauter. Rösler bittet Krankenkassen und Herstellerverbände zu Einzelgesprächen ins BMG. Er hört sich ihre Wünsche an, bleibt höflich und lächelt. Das ist eine Paradedisziplin der Liberalen, die Parteichef Guido Westerwelle gerade zu seinem Schaden vernachlässigt.

Zunächst musste die Generikaindustrie die bittere Pille schlucken, dass Rösler die Rabattverträge mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht beerdigen wird. Kein anderes Instrument verspricht vergleichbare Einsparungen - deshalb ist die Branche ja auch so dagegen. Immerhin: Weitere Einschnitte dürften der Generikaindustrie vorerst erspart bleiben, aus Sicht der Unternehmen ein schwacher Trost.

Wirklich an den Kragen gehen könnte es diesmal den forschenden Herstellern. Und das scheinen sie zu wissen, denn die Verbände warten mit eigenen Vorschlägen auf, die sie weniger hart treffen würden. Doch ob sich Rösler davon überzeugen lässt, ist mehr als fraglich, zumal er bereits vor dem gestrigen Treffen von der Industrie öffentlich angegangen wurde.

Die Sparvorschläge der Kassen waren dem Minister dem Vernehmen nach zu eindimensional. Bei Herstellern, Großhandel und Apotheken einfach die Margen zu kürzen, das erscheint Rösler nicht besonders innovativ und nachhaltig. Die Mehrwertsteuersenkung auf Arzneimittel, das weiß der FDP-Politiker sicher, wird er bei Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) bei dieser Haushaltslage nicht durchbringen.

Die Quintessenz aus all diesen Gesprächen ist eine knappe Mitteilung aus dem Ministerium, die es in sich hat. Deutschland hat aus Röslers Sicht eines der besten Gesundheitssysteme, „aber es muss bezahlbar bleiben“. Erfreut konstatiert er, dass Kassen und Pharmaindustrie die Zeichen der Zeit erkannt hätten. Einen Freibrief habe niemand. In den nächsten Wochen werde er ein „Konzept mit Maßnahmen zur Arzneimittelpreisbildung“ vorlegen.

Und dann, zum Schluss: „Dabei werden sowohl Vertragsverhandlungen zwischen Krankenkassen und pharmazeutischen Herstellern als auch die Kosten-Nutzen-Bewertung eine wichtige Rolle spielen.“ Gezeichnet Dr. Philipp Pflegeleicht.

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