Pandemie-Vorsorge

Bundestag: Lernen von der Schweinegrippe

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Berlin -

Nach der Schweinegrippe-Pandemie 2009/2010 hatte es Kritik an den Behörden gegeben. Neben der Rolle der WHO, die für die Kritiker zu früh die Pandemie ausgerufen hatte, wurde auch die fehlende Transparenz bei den Verträgen mit dem Impfstoffhersteller GlaxoSmithKline sowie die fehlende Koordination bei der Auslieferung bemängelt. Die Grünen hatten im Bundestag eine Anhörung zum Thema durchgesetzt. Die seinerzeit beteiligten Organisationen sehen keine Fehler beim damaligen Vorgehen.

Im Falle einer Pandemie entscheidet die WHO in ihrem Pandemieplan zwischen sechs Phasen. Je nachdem welche Phase ausgerufen wird, sind die Länder angehalten, sich entsprechend auf eine mögliche Pandemie einzustellen. Im Juni 2006 hatte die WHO die Welle an Infektionen mit Influenza A/H1N1 als Pandemie klassifiziert. Die Länder hatten sich mit dem entsprechendem Impfstoff versorgen müssen.

Doch die Bevölkerung hatte wenig Interesse an einer Impfung. Widersprüchliche Informationen in den Medien über das Ausmaß der Pandemie und über die Sicherheit des Impfstoffs führten zur Verunsicherung. Der Großteil der von den Ländern bestellten 50 Millionen Impfstoffdosen musste vernichtet werden. Auch der Weiterverkauf an andere Länder stieß auf wenig Resonanz.

René Gottschalk, Vertreter der Schutzkommission im Bundesgesundheitsministerium (BMG), findet die Ausgaben für den Impfstoff „absolut notwendig“. Anders als in anderen Ländern wie den USA und Großbritannien seien alle Maßnahmen richtig gewesen.

Auch das Robert Koch-Institut (RKI) findet nicht, dass die Vorkehrungen übertrieben waren. Denn im Voraus sei nicht kalkulierbar gewesen, wie gefährlich das Virus sei, sagte RKI-Chef Professor Dr. Reinhard Burger. Erst während des Verlaufs einer Pandemie lasse sich die Schwere des Verlaufs absehen. Im Gesundheitswesen sei es aber Pflicht, sich auf einen schlimmen Verlauf einzustellen. Die Forderung der Grünen, die Produktion und den Einkauf von Impfstoffen künftig von den Pandemiewarnstufen der WHO abzukoppeln, sei daher nicht durchsetzbar.

Auch der Verband forschender Arzneimittelhersteller (VfA) ist der Ansicht, dass die Einschätzung der WHO-Experten verbindlich sein sollte: Eine regionale Lösung bei einem globalen Problem wie einer Pandemie sei nicht möglich. Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) stimmt dem zu, fordert allerdings ein international unabhängig besetztes wissenschaftliches Gremium.

Kritisiert wurde im Bundestag das Informationschaos während der Pandemie. Gerd Antes, Vertreter des Deutschen Cochrane Zentrums, warf RKI und PEI vor, dass viele Probleme hausgemacht gewesen seien. Das Zusammenspiel habe nicht funktioniert, da sogar im eigenem Haus unterschiedliche Impfempfehlungen abgegeben worden seien. Mit Blick auf das Grippepräparat Tamiflu (Oseltamivir, Roche) warf Antes den Ländern einen Blindflug vor und fordert den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) auf, endlich eine Nutzenbewertung durchzuführen.

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) fordert zudem eindeutige und einheitliche Abrechnungsregelungen: Denn auch die Impfbereitschaft der Ärzte sei gehemmt gewesen, da Abrechung und Haftungsrisiko nicht eindeutig geklärt gewesen seien.

Über die unterschiedlichen Vertriebswege der Länder – Apotheke, Gesundheitsbehörde, Großhändler oder Hersteller – wurde nicht diskutiert.

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