Schweinegrippe

Impfstoff-Chaos in Apotheken

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Nach den Berichten über den rasanten Anstieg der Schweinegrippeerkrankungen und weiteren Todesfällen ist die Impfbereitschaft in der Bevölkerung in den vergangenen Tagen deutlich angestiegen. Gleichzeitig kann der Pandemrix-Hersteller GlaxoSmithKline (GSK) den Bundesländern wegen Schwierigkeiten bei der Produktion nicht die erwarteten Mengen liefern. Viele Apotheken, die an der Verteilung des Impfstoffs beteiligt sind, können die Nachfrage der Ärzte deshalb derzeit nicht bedienen.

In Niedersachsen hatte GSK einer Sprecherin des Gesundheitsministeriums zufolge die Lieferung von 200.000 Dosen pro Woche in Aussicht gestellt. Dementsprechend seien 400 so genannte Pandemieimpfstoff-Bezugsapotheken (PIBA) ausgewählt worden, die wöchentlich jeweils eine Packung mit 500 Dosen erhalten sollten.

In dieser Woche werden 136.000 Dosen von GSK geliefert - mehr als 100 PIBAs gehen damit zwangsläufig leer aus. Beliefert wurden vorrangig die Apotheken, bei denen es offene Bestellungen von Ärzten gab. Denn bereits in der vergangenen Woche lag die Lieferung mit 152.000 Dosen unter den Erwartungen.

„Schon in der ersten Woche mussten die Apotheken ihre Abgabemengen an die Ärzte reduzieren“, berichtete ein Sprecher der Apothekerkammer Sachsen. Nach der Erstbervorratung der Gesundheitsämter vor 14 Tagen wurden in dieser Woche die ersten 98.000 Dosen an die Apotheken geliefert. Für die kommende Woche sei ein Viertel weniger angekündigt. Verteilt wird der Impfstoff in Sachsen über 60 Distributionsapotheken, die für alle anderen Apotheken auseinzeln. Den Tourenplan für die sechs beteiligten Großhändler erstellt die Kammer.

Rheinland-Pfalz hat mit 200.000 Dosen bisher ein Drittel weniger Impfstoff bekommen als erhofft. Hier konnten jedoch alle 150 Bezugsapotheken versorgt werden.

Im Saarland sind sogar lediglich 18 Apotheken für die Verteilung der Impfstoffe an die 250 ausgewählten Ärzte zuständig. Den Großteil der in den vergangenen Wochen bezogenen Impfstoffdosen haben die Apotheken bereits verteilt. Der Austausch zwischen den Apotheken ist im Saarland kein Problem, da das Auseinzeln aus Sicht des Ministeriums kein Herstellungsschritt ist.

In Ländern, in denen alle Apotheken beliefert werden, muss die Versorgung derzeit ebenfalls gemeinsam organisiert werden: In Bayern sind in den vergangenen drei Wochen rund 1000 Apotheken beliefert worden; grundsätzlich haben aber alle 3500 Apotheken einen Bezugsschein für jeweils 500 Dosen erhalten.

Eine Übersicht über die letzten Lieferungen ist auf der Internetseite des bayerischen Apothekerverbandes (BAV) einzusehen. „Die Liste ist als Plattform für kollegiale Aushilfe gedacht“, sagte ein BAV-Sprecher gegenüber APOTHEKE ADHOC. Sobald einer Apotheke der Impfstoff ausgeht, wird sie von der Liste genommen. Bei Bedarf können dann die Apotheken kontaktiert werden, die noch über Vakzine verfügen, und einzelne Ampullen untereinander ausgetauscht werden. Damit die Liste tatsächlich den aktuellen Stand abbildet, ist man auf die Rückmeldungen der Apotheken angewiesen.

Auch in Thüringen helfen sich die Apotheken untereinander aus. In Baden-Württemberg ist dagegen ein Austausch zwischen den Apotheken nicht vorgesehen. Allerdings pflegt auch hier die Kammer ein Portal, mit dessen Hilfe die Pharmazeuten eine noch bevorratete Apotheke für die Ärzte ausfindig machen können. Insgesamt hat sich die Lage bislang nicht entspannt: „Der Impfstoff ist nach wie vor knapp“, sagte ein Sprecher der Kammer. Viele Apotheken seien noch gar nicht beliefert worden.

In Mecklenburg-Vorpommern wurde in der vergangenen Woche wie erwartet noch weniger Impfstoff als zuvor geliefert. Inzwischen decken sich die Bestellungen aber mit den zuletzt zugesagten Liefermengen. „Die Impfdosen, die am Donnerstag geliefert werden, sind im Prinzip schon wieder verteilt“, sagte ein Sprecher. Kaum Überbestände gibt es auch in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein. Auch in Hessen können die Großhändler derzeit nicht alle Anfragen bedienen.

Dass die breit aufgestellte Logistikkette nicht das Problem ist, beweist die Situation in der Hauptstadt: Die Senatsverwaltung hatte das Auseinzeln als Herstellungsschritt gesehen und eine einzige Apotheke mit der Verteilung beauftragt. Doch auch hier gibt es Probleme: Zum Start der Impfaktion Anfang dieser Woche hatten viele Mediziner keinen Impfstoff.

Inzwischen seien alle im Internet ausgewiesenen Impfpraxen versorgt, sagte eine Sprecherin des Senats auf Anfrage. Die St. Hubertus-Apotheke habe aufgestockt und sei nun rund um die Uhr mit fünf Fahrzeugen unterwegs. Insgesamt seien bislang 36.800 der 168.000 Dosen, die Berlin erhalten hat, ausgeliefert worden. Am Donnerstag sollen weitere 56.000 Dosen die Arztpraxen erreichen.

In Brandenburg einzelt der Hersteller Haematopharm zentral aus und liefert die Impfsets seit gestern an die Apotheken in bestimmten Regionen im Land. Bis Ende der Woche sollen alle Apotheken versorgt sein. Bislang hat der Hersteller allerdings erst die Hälfte der erwarteten Impfdosen erhalten.

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