Baden-Württemberg

Hermann droht mit Impfstoff-Retax

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Berlin -

Im Streit um die Impfstoffversorgung bewegt sich die AOK Baden-Württemberg nicht. In einem Brief an alle Apotheken des Landes weist Kassenchef Dr. Christopher Hermann darauf hin, dass Apotheker sich einem „erheblichen Retaxierungsrisiko“ aussetzen, wenn sie nicht rabattierte Impfstoffe abgeben. Vielmehr sollten sie der Vereinbarung zwischen der AOK und den Ärzten folgen und Rezepte mit der Beschriftung „Impfstoff gegen...“ akzeptieren. Nach der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) will nun auch die AOK eine Liste der kooperationswilligen Apotheken aufmachen.

Im Herbst hatten die Kassen mit den Ärzten vereinbart, dass diese statt einer namentlichen Verordnung lediglich „Impfstoff gegen ...“ verschreiben. Im Januar waren die ersten exklusiven Rabattverträge über Impfstoffe in Kraft getreten. Nach den Vorstellungen der AOK soll der Apotheker bei jeder Verordnung auf einem Plakat nachschauen, für welchen Impfstoff ein Rabattvertrag gilt.

Nach Ansicht des Landesapothekerverbands (LAV) verstößt dies jedoch gegen die Arzneimittelverschreibungs-Verordnung (AMVV). Der Verband war deshalb rechtlich gegen die Vereinbarung zwischen Ärzten und Krankenkassen vorgegangen. Die KV hatte das Vorgehen der Apotheker kritisiert und ebenfalls angekündigt, eine Liste der Apotheker zu veröffentlichen, die der Vereinbarung folgen wollen.

Mit ihrem Schreiben an die Apotheker will die AOK nun nochmals für „Transparenz und Rechtssicherheit“ sorgen. Es dürften keine Rechtsstreitigkeiten auf dem Rücken der Apotheker und Ärzte durchgeführt werden, so Hermann. Insbesondere wegen der wiederholten Verlautbarungen des LAV und aufgrund vieler Apotheker, die sich weigerten, entsprechende Rezepte einzulösen, sei die Umsetzung der Verträge noch „stark verbesserungsbedürftig“.

Die Kasse stellt klar, dass grundsätzlich keine nicht rabattierten Impfstoffe verordnet und abgegeben werden dürften. Ausnahmen seien zwar in Einzelfällen zulässig. Diese müssten sowohl Ärzte als auch Apotheker begründen, die Mediziner müssten solche Ausnahmen mit einem „A“ auf dem Rezept kennzeichnen.

Die AOK betont außerdem, dass die Verordnungsweise „Impfstoff gegen...“ der „vereinfachten Umsetzung der Rabattverträge“ diene. Bediene sich ein Arzt dieser Formulierung, gebe er „eindeutig und zwiefelsfrei“ zu erkennen, dass er einen rabattierten Impfstoff verordnet.

Die Apotheker hatten gegen diese Verordnungsweise Klage eingelegt, aus Sicht der Kasse ist sie „rechtlich einwandfrei“. Auch für Apotheker gebe es keine Bedenken, solange sie der Abmachung folgen: „Insbesondere laufen Apotheker, die solche Verordnungen akzeptieren, keine Gefahr, einer Retaxierung unterworfen zu sein.“

Die Kasse bittet die Pharmazeuten aus dem „Ländle“ nun ausdrücklich um ihre Unterstützung. Und: Die Apotheker sollen der Kasse mitteilen, ob sie der vereinbarten Verordnungsweise folgen. Man wolle die „Kooperationsbereitschaft“ der Apotheker den Ärzten mitteilen.

Der Impfstoff-Streit in Baden-Württemberg hat auch Auswirkungen auf die Bundesebene: Seit Monaten liegen dem Deutschen Apothekerverband (DAV) und dem GKV-Spitzenverband ein fertiger neuer Rahmenvertrag vor, in dem unter anderem der Umgang mit Null-Retaxationen aufgrund von Formfehlern geregelt werden soll.

Dem Vernehmen nach soll aber insbesondere die AOK Baden-Württemberg die Unterschrift blockiert haben, weil sie die Verordnungs- und Vorgehensweise bei Impfstoff-Rabattverträgen gerne in den Rahmenvertrag aufnehmen möchte.

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