Aktuelle Forschung

Tramadol: Geringer Nutzen, erhöhtes Risiko

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Berlin -

Tramadol wird häufig bei chronischen Schmerzen eingesetzt – eine aktuelle dänische Metaanalyse zeigt jetzt: Der Wirkstoff lindert chronische Schmerzen nur geringfügig und bleibt damit unterhalb der klinisch relevanten Grenze – zugleich steigt das Risiko für Nebenwirkungen deutlich an.

Tramadol ist ein weltweit verbreitetes Opioid, das in Deutschland nicht dem Betäubungsmittelrecht unterliegt und vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) derzeit als weniger missbrauchsgefährdet eingestuft wird. Zugleich zeigen aktuellere Evidenz und internationale Einstufungen, dass der Nutzen bei chronischen Schmerzen begrenzt ist und Vorsicht geboten bleibt.

Doch wie wirksam ist es tatsächlich – und zu welchem Preis? Ein dänisches Forschungsteam hat die bisherigen Daten neu bewertet und kommt zu einem ernüchternden Ergebnis: Der Wirkstoff lindert Schmerzen nur geringfügig, erhöht aber das Risiko für Nebenwirkungen deutlich.

Tramadol nur schwach wirksam

Frühere Übersichtsarbeiten betrachteten meist nur einzelne Schmerzformen oder ordneten Tramadol in die Gruppe der Opioide ein. Unklar blieb, wie wirksam und sicher die Substanz insgesamt bei chronischen Schmerzen ist. Forschende der Copenhagen Trial Unit am Rigshospitalet in Kopenhagen analysierten daher alle bis Februar 2025 veröffentlichten randomisierten, placebokontrollierten Studien zu Tramadol bei Erwachsenen mit chronischen Schmerzen – unabhängig von der Ursache.

In die systematische Übersichtsarbeit flossen 19 Studien mit insgesamt 6506 Teilnehmenden ein. Bewertet wurden Schmerzreduktion, Nebenwirkungen, Lebensqualität, depressive Symptome, Abhängigkeit und Missbrauchsrisiko.

Schmerzreduktion ohne klinische Relevanz

Der Wirkstoff zeigte laut den Autorinnen und Autoren „eine leichte schmerzlindernde Wirkung.“ Diese blieb jedoch „unterhalb der klinisch bedeutsamen Grenze.“ Im Durchschnitt sank die Schmerzintensität um knapp einen Punkt auf einer Skala von null bis zehn. Etwa 49 von 100 Behandelten berichteten über eine spürbare Besserung – gegenüber 41 von 100 in der Placebogruppe.

Gleichzeitig zeigte sich „ein schädlicher Effekt von Tramadol im Hinblick auf schwerwiegende unerwünschte Ereignisse“. In den Tramadol-Gruppen traten insbesondere mehr Herz-Kreislauf-Ereignisse und neu diagnostizierte Krebserkrankungen auf. Auch leichtere Nebenwirkungen wie Übelkeit, Schwindel, Verstopfung und Müdigkeit traten deutlich häufiger auf.

Begrenzter Nutzen von Tramadol

Die Forschenden bewerteten die Beweislage zur Wirksamkeit als „geringe Sicherheit der Evidenz“. Für schwerwiegende Nebenwirkungen fanden sie eine „mäßige Sicherheit der Evidenz“. Bei nicht schwerwiegenden Nebenwirkungen lag die Evidenz hingegen nur auf einem „sehr geringen“ Niveau. Tramadol könne chronische Schmerzen nur geringfügig lindern, erhöhe jedoch wahrscheinlich das Risiko für sowohl schwerwiegende als auch leichtere Nebenwirkungen. Die möglichen Schäden überwiegen laut der Forschenden damit wahrscheinlich den begrenzten Nutzen.

Die Studie mit dem Titel „Tramadol versus placebo for chronic pain: a systematic review with meta-analysis and trial sequential analysis“ wurde an der Copenhagen Trial Unit, Rigshospitalet in Kopenhagen, durchgeführt und im Fachjournal „BMJ Evidence-Based Medicine“ veröffentlicht.

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