Wechselwirkungen mit Dauermedikation

Promethazin: EU reagiert auf tödliche Zwischenfälle

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Berlin -

Kardiotoxische und neuropsychiatrische Nebenwirkungen haben zur Überarbeitung der Produktinformationen von Promethazin geführt. Besonders bei bestimmten Vorerkrankungen und Medikamentenkombinationen kann der Wirkstoff lebensbedrohliche Komplikationen auslösen. Die EU-Behörden reagieren mit neuen Warnhinweisen und klaren Anwendungsbeschränkungen.

Promethazin ist ein Arzneistoff aus der Gruppe der klassischen H1-Antihistaminika der ersten Generation mit vielfältigen pharmakologischen Eigenschaften: antihistaminerg, sedierend, antiemetisch und leicht neuroleptisch. Es wird zur Behandlung von Allergien, Übelkeit, Schlafstörungen und Unruhezuständen eingesetzt. Aufgrund seiner zentral wirksamen Effekte findet es auch in der Psychiatrie sowie in der Anästhesie als beruhigendes Begleitmedikament Anwendung.

Im Dezember 2024 beschloss die Koordinierungsgruppe für gegenseitige Anerkennungs- und dezentrale Verfahren bei Humanarzneimitteln (CMDh), die Fach- und Gebrauchsinformationen zu Promethazin zu überarbeiten. Zuvor hatte der Ausschuss für Risikobewertung in der Pharmakovigilanz (PRAC) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) kardiotoxische und neuropsychiatrische Risiken bestätigt. Grundlage war ein regelmäßig eingereichter Sicherheitsbericht. Die Umsetzung erfolgte im April dieses Jahres.

Im Mittelpunkt stehen potenziell schwerwiegende Nebenwirkungen wie:

  • QT-Verlängerung
  • Torsade de pointes
  • malignes neuroleptisches Syndrom
  • psychomotorische Hyperaktivität
  • Halluzinationen
  • aggressives Verhalten
  • Thrombozytopenie

Besondere Vorsicht ist geboten bei Patienten mit folgender (Dauer-)Medikation, da viele dieser Wirkstoffe das QT-Intervall verlängern und das Risiko schwerer Herzrhythmusstörungen erhöhen können:

  • Typische Neuroleptika (Phenothiazine): Chlorpromazin, Levomepromazin
  • Atypische Neuroleptika (Benzamide): Sulpirid, Amisulprid, Tiaprid
  • Typische Neuroleptika (Diphenylbutylpiperidine): Pimozid
  • Typische Neuroleptika (Butyrophenone): Haloperidol, Droperidol
  • Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI): Citalopram
  • Antimalariamittel (Phenanthrenmethanol-Derivat): Halofantrin
  • Opioid-Analgetika: Methadon
  • Antiprotozoika (Diamidine): Pentamidin
  • Fluorchinolon-Antibiotika: Moxifloxacin

Darüber hinaus wurden bei Überdosierungen Fälle schwerer, teilweise tödlicher Herzrhythmusstörungen beobachtet. Für parenterale Arzneiformen wurde zudem auf das Risiko schwerer Gewebeschäden bis hin zu Gangrän hingewiesen.

Zur besseren Risikokommunikation wurden die entsprechenden Abschnitte der Fachinformation überarbeitet, auch die Packungsbeilagen wurden entsprechend angepasst. Die CMDh empfiehlt, dass auch andere, nicht direkt betroffene Arzneimittel mit dem Wirkstoff Promethazin künftig diese Änderungen berücksichtigen. Ziel ist eine EU-weite Vereinheitlichung und Verbesserung der Arzneimittelsicherheit.

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