„Es gibt keinerlei Alternativen“

Irenat-Tropfen: Engpass gefährdet Untersuchungen

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Berlin -

Irenat-Tropfen sind derzeit nicht lieferbar. Der Engpass wird vorraussichtlich fünf Jahre andauern, so die Information des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Das es weder ein Alternativmedikament noch eine Rezepturvorschrift für das Schilddrüsenpräparat gibt, bekommen Patient:innen echte Schwierigkeiten: Denn ohne die Tropfen ist eine CT-Untersuchung für einige Betroffene nicht zu verantworten.

Irenat-Tropfen sollen bei Gabe von Iod-haltigen Kontrastmitteln oder schilddrüsengängigen Radiopharmaka einer Belastung der Schilddrüse vorgebeugen. Das Präparat wird laut Arzneiverordnungsreport mit rund 1,2 Millionen Tagestherapiedosen (DDD) pro Jahr häufig verordnet. Das Problem: Das BfArM informierte vor kurzem über einen Lieferengpass. Dieser besteht bereits seit Oktober und wird voraussichtlich die nächsten fünf Jahre – sprich bis Oktober 2028 – andauern.

Das der Engpass für Patient:innen prekär werden kann, musste kürzlich Annette Dunin von Przychowski, Fachapothekerin für Allgemeinpharmazie und geriatrische Pharmazie, erfahren: „Ein Patient brauchte dringend Irenat-Tropfen. Es gibt keine Alternativen“, so die Apothekerin aus Berlin. „Der Krankenhausarzt meinte erst, sie hätten noch was“, so Dunin von Przychowski, nachdem sie Rücksprache mit dem verschreibenden Arzt gehalten hatte. „Ich habe den Patienten angerufen und ihn gebeten, wieder ins Krankenhaus zu gehen“, so die Approbierte.

Apotheke soll sich kümmern

In der Zwischenzeit rief aber der Krankenhausarzt von sich aus bei dem Patienten an: „Er hat gesagt, wir als Apotheke sollen was organisieren“, so die Apothekerin. Das Problem: „Der Unternehmer sitzt in Irland und kann keine Rezeptur benennen“, so Dunin von Przychowski resigniert. „Dann probierten wir es über den Arzneimittelinformationsdienst der Apothekerkammer Berlin (AMiD).“ Dieser Dienst beantwortet Anfragen zum Beispiel zu aktuellen Therapieempfehlungen, Dosierungsanpassungen, Neben- und Wechselwirkungen oder neuen Arzneimitteln. „Aber auch hier konnte uns nicht geholfen werden“, so die Apothekerin.

Fünf Jahre Wartezeit, weil die Herstellung nicht ausreichend bezahlt werde, sei gerade für onkologische Patientinnen und Patienten nicht zu erklären, so Dunin von Przychowski. „Und wer weiß, ob eine Rezeptur überhaupt möglich ist beziehungsweise von den Krankenkassen bezahlt werden würde.“

Bisher habe sie leider keine Antwort auf ihre Anfrage ans NRF erhalten. „Zeitgleich hat eine andere Berliner Apotheke auch das Problem gehabt. Auch in Irland haben wohl schon mehrere Apotheken erfolglos angerufen. Es wäre sehr gut, wenn es dafür eine bezahlbare Rezeptur geben könnte“, so Dunin von Przychowski.

Oberarzt meldet sich

Im konkreten Fall konnte dann doch die Klinik helfen. Am nächsten Tag erhielt die Apothekerin überraschend einen Anruf: „Ein sehr netter Oberarzt teilte mir mit, dass in der Station der Stress sehr groß war. So kam es zustande, dass der Patient zuerst die Auskunft bekam, dass die Apotheke nach einer Alternative suchen soll“, so die Approbierte. Der Oberarzt habe sich danach selbst darum gekümmert und den Patienten noch am Abend ins Krankenhaus gebeten. „Ohne die Tropfen war eine CT für diesen Patienten nicht zu verantworten.“

Zum Hintergrund: Bei einer Jod- oder Amiodaron-induzierten Hyperthyreose kommen Irenat-Tropfen zum Einsatz. Durch den enthaltenen Wirkstoff Natriumperchlorat, welcher zu den Thyreostatika gehört, wird die Aufnahme von Iod in die Schilddrüsenzellen kurzfristig blockiert. So kann einer Überproduktion von Schilddrüsenhormonen entgegenwirkt werden.

Zum Einsatz kommen die Tropfen auch bei Patient:innen mit:

  • Schilddrüsenüberfunktion vor und nach Computertomografien
  • Herzkatheteruntersuchungen
  • weitere szintigraphischen Untersuchungen
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