Neue Arzneimittel

Glibenclamid gegen Neugeborenen-Diabetes

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Berlin -

Glibenclamid-Suspension bei neonatalem Diabetes mellitus: Der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) hat für Amglidia (Glibenclamid, Ammtek) eine Zulassungsempfehlung ausgesprochen. Eine positive Stellungnahme erhielt auch Mylotarg (Gemtuzumab Ozogamicin, Pfizer) zur Behandlung der akuten myeloischen Leukämie.

Neonataler Diabetes zählt mit einer Inzidenz von 1:100.000 Geburten zu den sehr seltenen Erkrankungen. Die Diagnosestellung erfolgt bei Neugeborenen und Kindern jünger als sechs Monate. Amglidia wurde 2016 als Orphan Drug eingestuft. Gibt die EU-Kommission grünes Licht und folgt der Empfehlung des CHMP, könnte das Arzneimittel demnächst auf den Markt kommen.

Amglidia wird dann als Suspension zum Einnehmen in den Stärken 0,6 mg/ml und 6 mg/ml erhältlich sein. Glibenclamid gehört zur Stoffgruppe der Sulfonylharnstoffe und kann bei Diabetes Typ 2 eingesetzt werden. Die blutzuckersenkende Eigenschaft beruht auf der Erhöhung der Insulinfreisetzung aus den Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse. Dabei ist die Wirkung von der Glucosekonzentration der Umgebung der Beta-Zellen unerheblich. Glibenclamid blockiert die Kaliumkanäle der Beta-Zellen. Somit findet kein Kaliumausstrom mehr statt, es kommt zu einer Depolarisation – die spannungsabhängigen Calciumkanäle öffnen sich, Calcium strömt ein und eine Insulinausschüttung wird bewirkt. Voraussetzung für den Einsatz von Glibenclamid ist eine bestehende Insulinproduktion. Die häufigste Nebenwirkung ist eine Unterzuckerung.

Das Arzneimittel ist zur Behandlung von Diabetes bei Neugeborenen, Säuglingen und Kindern indiziert. Amglidia ist das Hybridarzneimittel von Daonil, das seit Januar 1969 in der EU jedoch in anderer Stärke, Indikation und Darreichungsform zugelassen ist.

Mylotarg hat ebenfalls vom CHMP eine Zulassungsempfehlung erhalten. Seit Oktober 2000 trägt das Arzneimittel den Status Orphan drug. Mylotarg ist indiziert zur Kombinationstherapie mit Daunorubicin und Cytarabin zur Behandlung von Patienten ab 15 Jahren mit zuvor unbehandelter, de novo CD33-positiver akuter myeloischer Leukämie (AML), außer akut promyelozytische Leukämie (APL). Das Medikament bietet somit vor allem jungen Betroffenen eine neue Therapieoption.

Mylotarg wird als Pulver zu 5 mg als Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung auf den Markt kommen, vorausgesetzt die EU-Kommission gibt grünes Licht. Der humanisierte Antikörper vom Typ Immunglobulin-G-Subtyp 4 (IgG4) richtet sich gegen das Antigen CD33, ein Oberflächenlektin der leukämischen Zellen. In der Folge werden durch das Toxin Calcicheamicin DNA-Brüche induziert, was zum Zelltod führt.

Pfizer hatte Mylotarg 2010 nach zehn Jahren vom US-Markt genommen. Grund waren Bedenken zur Arzneimittelsicherheit. Die EMA hatte bereits 2008 die Wirksamkeit von Mylotarg bezweifelt und die Zulassung verweigert. Das Arzneimittel hatte im vergangenen Jahr ein Revival erlebt und zum zweiten Mal die FDA-Zulassung erhalten.

Neben den Zulassungsempfehlungen hat der CHMP auch Zulassungserweiterungen ausgesprochen. Darunter ist Isentress (Raltegravir, MSD). Der Integraseinhibitor könnte demnächst bereits für die Behandlung von HIV-infizierten Neugeborenen zugelassen sein. Bislang kann das Arzneimittel ab einem Alter von vier Monaten eingesetzt werden.

Kineret (Anakinra, Sobi) könnte demnächst auch für die Behandlung von Morbus Still zugelassen sein. Der CHMP nahm die Indikation an: Behandlung der Morbus Still-Krankheit bei Erwachsenen, Jugendlichen, Kindern und Säuglingen ab 8 Monaten mit einem Körpergewicht von 10 kg oder mehr, einschließlich systemische juvenile idiopathische Arthritis (SJIA) und Erwachsenen-Onset-Still-Krankheit (AOSD) mit aktiven systemischen Merkmalen mittlerer bis hoher Krankheitsaktivität oder bei Patienten mit anhaltender Krankheitsaktivität nach Behandlung mit nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) oder Glucocorticoiden.

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