Pflegeheime

Pflegenotstand: Verfassungsklage gescheitert

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Karlsruhe -

In Karlsruhe wollten sechs Betroffene erzwingen, dass der Staat etwas gegen Missstände in deutschen Pflegeheimen tut. Aber so pauschal geht das nicht, sagen die Richter.

Eine Verfassungsklage gegen die Zustände in deutschen Pflegeheimen ist gescheitert. Das Bundesverfassungsgericht nahm die Beschwerde von insgesamt sechs Klägern, die befürchten, in absehbarer Zeit selbst ins Heim zu müssen, nicht zur Entscheidung an.

Sie wollten feststellen lassen, dass Heimbewohner derzeit nicht ausreichend in ihren Grundrechten geschützt seien, und den Staat zu Abhilfe und besserer Kontrolle verpflichten lassen. Aus Sicht der Karlsruher Richter machten sie aber nicht deutlich genug, wo genau diese Missstände liegen und was der Staat dagegen tun könnte.

Der Sozialverband VdK hatte die Klage unterstützt, die im November 2014 eingereicht wurde. VdK-Präsidentin Ulrike Mascher prangerte damals „offenkundige Missstände“ an wie „Vernachlässigung, Druckgeschwüre, mangelnde Ernährung, Austrocknung und freiheitsentziehende Maßnahmen mit Fixiergurten oder durch Medikamente“. Schuld daran seien aber nicht die Pflegekräfte, sondern die Bedingungen, unter denen sie arbeiten müssten. Zeitdruck und Arbeitsbelastung seien hoch, die Vergütung viel zu niedrig.

Die Verfassungsrichter betonen in ihrem Beschluss vom 11. Januar allerdings, dass dem Gesetzgeber grundsätzlich „ein weiter Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum“ zukomme. Karlsruhe könne nur eingreifen, wenn er „seine Pflicht evident verletzt“ habe. Die Kläger hätten nicht ausgeführt, „unter welchen Gesichtspunkten die bestehenden landes- und bundesrechtlichen Regelungen zur Qualitätssicherung evident unzureichend sein sollten“.

Außerdem sei nicht ersichtlich, dass sie „selbst, gegenwärtig und unmittelbar in ihren Grundrechten verletzt“ seien. So wahrscheinlich sei es nicht, dass sie tatsächlich selbst ins Heim müssten. In diesem Fall könnten sie zudem zwischen allen zugelassenen Heimen wählen.

Die Kläger kommen nach VdK-Angaben aus ganz Deutschland. Zwei von ihnen leiden an Demenz, zwei haben dafür ein erhöhtes Risiko. Die anderen beiden Kläger sitzen im Rollstuhl. Zum Teil sind sie heute schon auf Pflege durch Angehörige oder ambulante Dienste angewiesen.

VdK-Präsidentin Mascher bedauerte die Entscheidung. Das Gericht vermeide „die dringend notwendige Auseinandersetzung mit der defizitären Menschenrechtssituation in Pflegeheimen“, erklärte sie. Für Pflegebedürftige, die in großer Abhängigkeit und hilflos seien, sei es sehr schwer, sich als Einzelperson über Fachgerichte zur Wehr zu setzen. Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, nannte es „kalte Juristerei, den Menschen in der Pflegefalle erst dann für seine Grundrechte streiten zu lassen“.

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