Olympische Winterspiele

Pharmakologe warnt vor Doping

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Berlin -

Neue Doping-Mixturen, Nikotindoping im Eishockey und Mutmaßungen über die Dunkelziffer von Sportbetrügern werfen auch auf die Olympischen Winterspiele in Sotschi einen Schatten. Der Pharmakologe Professor Dr. Fritz Sörgel hat zum Beginn des Großereignisses vor neuen, schwer nachweisbaren Doping-Mixturen gewarnt. Es gebe Athleten, die spezielle Mischungen herstellen lassen, „in denen so alles drin ist, was Dopingpotenzial hat und in der Kombination fantastisch wirkt“, sagte der Wissenschaftler.

Die Doping-Cocktails hätten außerdem den Vorteil, dass die Einzelstoffe in Mixturen schwerer nachweisbar sind, „weil ihre Konzentration niedrig ist“. Dass solche Rezepturen in Sotschi zur Anwendung kommen, sei nicht ausgeschlossen, „aber rein spekulativ“.

Sörgel erwartet, dass auch in bisher eher unverdächtigen Wintersportarten wie Eishockey einiges probiert wird. Tests zeigten, „dass man von einem hohen Potenzial für Nikotindoping ausgehen kann“, erklärte er. Dies fördere die Kombinationsfähigkeit und Reaktionsschnelligkeit. „Auch bei Showsportarten, die bei Winterspielen eingeführt werden, können Drogen eine Rolle spielen.“

Zweifel meldet Sörgel an, ob die Rekordzahl an Doping-Kontrollen von 2453 Proben – 14 Prozent mehr als in Vancouver 2010 – helfen wird, mehr Dopingsünder zu entlarven. „Wenn man sagt, es sind über 2000 Kontrollen, klingt das besser als 1800“, meinte der Leiter des Instituts für Biomedizinische und Pharmazeutische Forschung (IBMP) in Heroldsberg bei Nürnberg. „Dass mehr Tests die Chance auf eine höhere Zahl von Dopingvergehen aufdeckt, ist rein statistisch-mathematisch zwar richtig, in der Praxis aber nie bewiesen worden.“ Im Gegenteil: „Die Zahl des Dopings überführter Sportler steigt nicht signifikant. In Deutschland ist sie schon lange mehr oder weniger konstant.“

Eine neue Gefahr durch Gendoping droht dem Sport nach Erkenntnis von Sörgel nicht. Bisher gebe es keine Gentherapie, die einen manipulierten Übermenschen schaffen könnte. „Wenn ein Wissenschaftler dies schaffen würde, wäre er in erster Linie daran interessiert, den Nobelpreis zu bekommen und nicht einen Olympiasieger zu schaffen und anonym im Hintergrund zu bleiben – mag man ihm auch Millionen bieten“, sagte Sörgel. „Gentherapie ist Zukunftsmusik.“

Dies gilt für den Missbrauch mit dem Wachstumshormon (HGH) nicht. Für Wirbel hatte eine ARD-Recherche gesorgt, in der über Geschäfte eines Mitarbeiters der Russischen Akademie der Wissenschaften in Moskau mit dem bisher unbekannten Dopingmittel Full Size MGF berichtet wurde. „Ich bin schockiert, weil das Mittel bisher nur an Tieren ausprobiert wurde“, sagte David Howman, Generaldirektor der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA).

Die WADA kündigte allerdings in Sotschi an, dass der schon länger existierende HGH-Test noch einmal überprüft wurde und in den kommenden Wochen wieder zugelassen wird. Athleten, die HGH als illegalen Starkmacher bei den Winterspielen nutzen, freuen sich deshalb zu früh. Die rund 2500 Olympia-Proben werden zehn Jahre für Nachtests eingefroren.

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