ApoRetro

Die fairen Fouls der Kassen

, Uhr
Berlin -

In Brasilien hat die WM begonnen – mit sieben Schiedsrichter-Fehlern in den ersten vier Spielen. Aber Entscheidungen der Unparteiischen sind unanfechtbar, da beißt die Maus keinen Faden ab. Wer als Spieler trotzdem meckert, bekommt die Gelbe Karte. Auch den Apothekern bleibt im Berufsalltag oft nichts anderes übrig, als sich mit geballter Faust in der Tasche vom Platz zu trollen. Nullretaxationen gehören zum Fair Play, finden Richter und Politiker. Fouls der Kassen werden im Interesse der Allgemeinheit grundsätzlich nicht gepfiffen.

Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu Nullretaxationen hatten die Apotheker auf die Politik gesetzt. Doch im Bundesgesundheitsministerium (BMG) sieht man keinen gesetzlichen Änderungsbedarf – zumindest wenn sich Apotheker nicht an die Rabattverträge gehalten haben.

Um wenigsten Fouls bei Formfehlern loszuwerden, sammelt die ABDA jetzt möglichst viele und besonders krasse Fälle. Mit diesem Paket soll dann bei der Politik vorgesprochen werden. Am Dienstag wird das weitere Vorgehen abgestimmt.

Symbolische Unterstützung kommt aus Nordrhein. Dort hat die Kammerversammlung eine Resolution gegen Nullretaxationen verabschiedet, eine zweite fordert die Dynamisierung des Apothekenhonorars.

Derweil vermelden die Kassen, dass sie erstmals seit 2008 im ersten Quartal wieder ins Minus gerutscht sind. Da interessiert vermutlich nur wenig, dass jeder dritte Arzt sich mit Alkohol oder Medikamenten dopt und dass nach wie vor Apotheker aus wirtschaftlichen Gründen den Platz verlassen.

In Bayern will die Kammer weiterhin Rezepturtests durchführen und die Ergebnisse öffentlich machen, in Schleswig-Holstein wird der Notdienst umgestellt. Versandapotheken müssen neue Regeln im Widerrufsrecht beachten.

In zwei Wochen droht in der Offizin das nächste Fiasko: Anfang Juli treten neue Festbeträge in Kraft, die zu einem massiven Preisrutsch führen. Die ersten Hersteller haben bereits angekündigt, sich der Partie zu enthalten: Aufzahlungen von mehr als 80 Euro sind die Folge. Die Apotheker müssen den Patienten erklären, warum sie drei Viertel des Preises selber zahlen müssen – wenn sie nicht gerade ihre eigenen Lagerwertverluste verbuchen oder nach potenziellen Fälschungen beziehungsweise Hehlerware im Generalalphabet fahnden. Vielleicht diskutieren sie aber auch gerade mit dem Arzt über die neuen N-Größen.

Am selben Tag wird in Bonn über neue Abgaberegeln für eine ganze Reihe von Medikamenten beraten. Novartis will eine Herpes-Tablette in die Sichtwahl bringen, GlaxoSmithKline das Heuschnupfenmittel Fluticason. Boehringer will Vaprino auch an Eltern von Kindern mit Durchfall verkaufen.

DetailDerweil muss Bayer um Droncit bangen: Das Wurmmittel für Hunde und Katzen könnte verschreibungspflichtig werden. Dabei hat der Hersteller für Herbst eine neue Kampagne geplant. Andererseits: Auch Klosterfrau trommelt noch einmal für Limptar, bevor nur noch Ärzte das Mittel verordnen können. Der ehemalige Partner des Kölner OTC-Herstellers, Reckitt Benckiser, lädt Apotheken zum WM-Tippspiel: Wer besser abschneidet als das Unternehmen, bekommt zusätzliche Konditionen.

Die Apotheken Umschau bekommt noch mehr Konkurrenz: Nach Linda und Vivesco will auch die Apothekenkooperation Elac Elysée ein eigenes Kundenmagazin an den Start bringen. Umgekehrt will Axel Springer in den Apothekenmarkt einsteigen: Gemeinsam mit Ordermed-Chef Markus Bönig startet der Medienkonzern eine Bestellplattform, die allen Apotheken in Deutschland ungefragt Aufträge vermitteln will.

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

APOTHEKE ADHOC Debatte