Cannabis-Prüftipps vom Pharmazierat Cynthia Möthrath, 24.06.2020 14:26 Uhr
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Unsicherheit beim Prüfen von Cannabis? Pharmazierat und Cannabis-Experte Michael Becker gibt den Kollegen Tipps und Tricks mit auf den Weg. Foto: Thomas Keller
Berlin - Cannabis stellt für viele Apotheken noch immer ein Buch mit sieben Siegeln dar. Vor allem wenn es um die Identitätsprüfung geht, herrscht viel Unsicherheit – denn in jedem Bundesland gibt es andere Vorschriften, die teilweise sehr aufwendig sind. Apotheker Michael Becker ist Pharmazierat und Cannabis-Experte: Im Interview geht er auf die neuen Prüfmethoden für Cannabisextrakte ein und gibt den Kollegen Tipps und einen Leitfaden für die korrekte Durchführung an die Hand.
ADHOC: Für die Identitätsprüfung von Cannabis gilt seit dem 1. Juni offiziell das Deutsche Arzneibuch (DAB). Darin enthalten ist erstmals auch eine Monographie für eingestellten Cannabisextrakt – was hat sich hinsichtlich der bisherigen Prüfung verändert?
Becker: Für Cannabisblüten gibt es bereits seit 2017 eine Monographie im DAB. Die Monographie für Extrakte hingegen ist gänzlich neu. Bislang sollten sich Apotheken für eine entsprechende Identitätsprüfung von Extrakten an der DAC-Monographie „eingestelltes, raffiniertes Cannabisölharz“ orientieren. Diese beschreibt allerdings nur einen 5-prozentigen dronabinolhaltigen Extrakt. Man hat also im Grunde genommen nicht den vollen Umfang geprüft, da in den Extrakten ja auch Cannabidiol enthalten ist. Eine wirklich saubere Lösung war das bisher also nicht. Mit der DAB-Monographie wurde daher nun erstmalig eine korrekte und vollumfängliche Grundlage für die vielzähligen unterschiedlichen cannabinoidhaltigen Extrakte definiert. Damit gibt es nun eine rechtlich korrekte und saubere Prüfmöglichkeit. Nach einer Übergangsphase wird die DAC-Monographie mit der Ergänzungslieferung 2020/2 daher auch entfallen.
ADHOC: Wird es durch die neue Monographie für die Apotheken nun leichter bei der Identitätsprüfung von Cannabisextrakten?
Becker: Leider nein – wie schon beschrieben wurden in der neuen Monographie nur die Kriterien für die Extrakte festgelegt. Es wird – wie wir es von den anderen DAB-Monographien auch schon kennen – weiter auf konventionelle Identifizierungsverfahren zurückgegriffen. Wie schon bei den Cannabisblüten ist auch bei den Cannabisextrakten die Dünnschichtchromatographie (DC) als Prüfmethode vorgesehen.
ADHOC: Können Sie kurz erläutern, wie diese DC durchgeführt wird?
Becker: Die Dünnschichtchromatographie bei der Identitätsprüfung der Extrakte erfolgt analog der bei den Blüten: Sowohl Fließmittel wie auch Anforderungen an die DC-Platte sind gleich, lediglich die Referenzlösung aus Cannabidiol, Tetrahydrocannabinol und Methanol unterscheidet sich hinsichtlich der Konzentration.
ADHOC: Wie bewerten Sie die neuen Prüfmethoden nach dem DAB? Werden Sie zukünftig selbst danach prüfen?
Becker: Eher nicht. Die Referenzsubstanzen sind zum einen nicht gerade günstig, zum anderen müssen sie im Gefrierfach gelagert werden und sind auch dann nur vier Wochen haltbar. Abgesehen vom zeitnahen Verfall der Substanzen: Die wenigsten Apotheken haben diese Lagerungsmöglichkeit. Hinzu kommt, dass auch die Bindung des Personals bei der Prüfung sehr zeitintensiv ist. Somit ist die Prüfung schon rein aus wirtschaftlicher Sicht kaum vertretbar. Dessen ist man sich auch bewusst: Auf der Website des DAC/NRF findet man einen Aufruf an Hersteller von Extrakten, sich in einer Kooperation an der Entwicklung von apothekentauglicheren, kostengünstigen Verfahren zu beteiligen.
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