Graumarktgeschäfte

Sanofi und Klosterfrau drohen Schadenersatzklagen

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Jahrelang war der Hamburger Pharmahändler „Multi Trade International“ (MTI) die „Resterampe“ für die deutsche Pharmindustrie. Über die Kette Sanofi beziehungsweise Klosterfrau/Floki, dann MTI und schließlich Pharmagroßhändler wie Gehe drückten zahlreiche Hersteller Produkte mit kurzem Verfall rabattiert in den Markt, angeblich als Hilfslieferungen für Nord Korea. MTI-Chef Carl Heinz Richter kämpft fest entschlossen darum, nicht als Bauernopfer gebracht zu werden. Nachdem er eine Strafanzeige aus dem Hause Sanofi erwidert hat, fordert er jetzt auch noch Schadenersatz von seinen ehemaligen Partnern.

Im Juni 2010 hatte Sanofi überraschend Strafanzeige gegen MTI gestellt: Die Firma hätte nur als „Abwicklungshelfer“ für die Hilfsorganisation „Viva Westfalen hilft“ agieren sollen, habe aber stattdessen die Medikamente an deutsche Großhändler verkauft, so der Vorwurf. Mit den gewährten Rabatten habe MTI nicht nur Sanofi und den Hilfsverein betrogen, sondern außerdem öffentliche Hilfsgelder von Bundesministerien veruntreut.

Als die Staatsanwaltschaft Stade ihr Ermittlungsverfahren gegen MTI in der vorvergangenen Woche mangels Tatverdachts einstellte, ging Richter sofort zur Gegenoffensive über und stellte seinerseits Strafanzeige gegen Sanofi und weitere Beteiligte: Neben dem Verdacht auf Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr steht auch der Vorwurf der falschen Verdächtigung im Raum.

Richters Anwälte kündigten jetzt an, von Sanofi nicht nur Schadensersatz wegen der Bestechung zu verlangen, sondern auch für die Zerstörung der Firma, die Folge der Verleumdung durch Sanofi sei. MTI wirft dem Konzern dabei „unverantwortliches Organisationsverschulden“ vor: Sanofi habe einen angestellten Diplom-Ingenieur mit der Prüfung und Erstattung einer strafrechtlich komplexen Strafanzeige beauftragt, die letztendlich unhaltbar gewesen sei. Alle Beteiligten hätten gewusst, was mit der Ware passiere, so Richter, der sich durch das eigestellte Verfahren vom Betrugsvorwurf rehabilitiert fühlt.

Für Sanofi könnte es teuer werden: Nachdem Richter den Vertrag aus dem Jahr 2004 gekündigt und wegen „arglistiger Täuschung“ angefochten hat, droht der Unternehmer außerdem mit der Rückabwicklung sämtlicher Bestellungen über Arzneimittel im Gesamtwert von knapp 80 Millionen Euro.

Man prüfe auch Ansprüche gegen Klosterfrau, so die Anwälte weiter: Angesichts des identischen Liefervertrages sei es befremdlich, wenn Klosterfrau nun versuche, sich als „bloßer Logistikdienstleister“ aus der Verantwortung zu stehlen. Allerdings sei die Geschäftsbeziehung zwischen dem Kölner Vertriebsunternehmen und der Maklerfirma Floki des ehemaligen Sanofi-Managers Erich Dambacher noch nicht in allen Einzelheiten bekannt. MTI macht Floki ebenso wie Sanofi für Schmiergeldzahlungen an den Einkaufschef des Hilfsvereins verantwortlich.

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