Immer mehr Apotheken bauen Nebengeschäfte wie Heimversorgung und Verblisterung aus. Zu ertragsschwach ist das eigentliche Hauptgeschäft der Rx-Abgabe zuletzt geworden. Kein Wunder, dass auch große Versender wie Shop Apotheke diesen Bereich ins Visier fassen sollen. Offiziell bestätigt sind die Pläne nicht, aber dass das geltende Recht mitunter großzügig ausgelegt wird, zeigen andere Beispiele. Das Risiko hat am Ende nur die Apotheke. Ein Kommentar von Carolin Ciulli.
Die Heimversorgung gilt als ein stabiles Geschäft, das ertragreich sein kann, wenn die Bettenzahl stimmt und die Prozesse in der Apotheke effizient gestaltet sind. Das wissen auch die Manager beim niederländischen Versender Redcare. Doch für die Versorgung von Heimbewohnenden mit Arzneimitteln in Deutschland gibt es Regeln: Es braucht einen Vertrag mit einer Apotheke vor Ort, die auch in Akutfällen zeitnah liefern kann. So will es das Apothekengesetz (ApoG).
Dass die niederländischen Versender mitunter auf Regeln pfeifen, zeigen die Rx-Boni: Weil man an das Verbot nicht glaubt, werden sie trotzdem gewährt. Und weil man hinter der Grenze vor Ordnungsgeldern einigermaßen geschützt ist, tragen das Risiko nur diejenigen, die solche Modelle stoppen wollen.
Warum sollte man also nicht auch in der Heimbelieferung neue Wege finden? Eine Lösung wäre ein Modell mit Partnerapotheken. Für die schnelle Lieferung („Now!“) spannt der Versender längst ausgewählte Pharmazeuten vor Ort ein, die besonders eilige Bestellungen noch am selben Tag ausliefern.
Warum also vor der Heimbelieferung haltmachen? Das ApoG will, dass die die öffentliche Apotheke und die zu versorgenden Heime innerhalb desselben Kreises oder derselben kreisfreien Stadt oder in einander benachbarten Kreisen oder kreisfreien Städten liegen. Es müssten lediglich Apotheken gefunden werden, die diese Vorgabe erfüllen und entsprechende Verträge mit dem Heimbetreiber abgeschlossen haben. Wenn es daneben noch eine Vereinbarung mit einem Dritten gibt, müsste dies erst einmal erfolgreich angefochten werden. Die Plattform wirkt bekanntlich nur als Vermittler.
Es wäre ein gefährliches Spiel. Nicht nur, weil der Versender damit seine Marktmacht erheblich ausweiten und den stationären Apotheken einen wichtigen Versorgungsbereich abnehmen könnte. Sondern auch, weil die Apotheken am Ende nicht viel mehr wären als bloße Erfüllungsgehilfen eines übermächtigen Vertragspartners.
Auch in der Heimversorgung ist eine persönliche und direkte Ansprache zwischen Apotheke und stationärer Einrichtung so wichtig. Lieferengpässe, missglückte oder falsche E-Rezepte von Arztpraxen sowie fehlende OTC-Bestellungen und Schulungen müssen bedient werden. Am Ende wären es die Partnerapotheken, die all das ausbügeln müssten. Sie hätten weiterhin die persönliche Verantwortung, müssten womöglich aber fremde Spielregeln beachten. Die Plattform jedenfalls hätte kein Risiko. Denn die Plattform gewinnt immer.